Home Wein, Bier & mehrBeverages Braukunst Live: Deutsche Brauer entdecken die Craft Bier-Spielwiese

Braukunst Live: Deutsche Brauer entdecken die Craft Bier-Spielwiese

by Götz A. Primke

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Deutschlands Brauer sind aufgewacht! Endlich! Während in anderen Ländern, vor allem in den USA, aber auch in Italien, Belgien, England etc. schon seit Jahren kleine Brauereien, Braugasthöfe, Micro-Breweries etc. aus dem Boden schiessen und von Anfang an Erfolg haben, schlummerten die deutschen Brauer vor sich hin. Auf die Aktivitäten in den anderen Ländern angesprochen, bekam ich häufig zur Antwort, dass das deutsche Reinheitsgebot nunmal wichtiger sei, doch in gewisser Hinsicht auch ein enges Korsett. Alles Schmarrn – wie wir jetzt auf dem Münchner Bierfestival Braukunst Live! sehen können. Kleinstbrauerei oder Braukonzern, Mega-Marke oder Szene-Brauer haben hier ihre Stände und zeigen ihre Kreativität und Geschmacksvielfalt. Trotz oder gerade mit dem Reinheitsgebot.

„Bestimmt ist noch nie so viel über Biere, ihre Vielfalt, die Aromen und die Revolution in der Brauszene gesprochen worden wie in den letzten Monaten“, sagt Frank-Michael Böer. Und sein Münchner Bierfestival Braukunst Live! hat sicherlich einen großen Teil dazu beigetragen: Allein 2013 hat sich die Besucherzahl verdoppelt. Ebenso stieg die Zahl der Aussteller. Nach nur zwei Jahren ist die Braukunst Live! längst keine reine Endverbrauchermesse mehr. Das Fachpublikum hat das Festival für sich entdeckt, um neue Trends aufzuspüren, neue Bierspezialitäten zu testen, Kontakte zu knüpfen und Teil der mittlerweile kräftig aufstrebenden deutschen und internationalen Craft Bier-Szene zu sein.

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Craft Biere im Schulterblick
Vom 21. bis 23. Februar 2014 gibt das Fest der ganz besonderen Biere im Münchner MVG Museum den Bierenthusiasten neue Einblicke in die grenzübergreifende Bierszene. Und den Blick hinter die Kulissen: Als Plattform für experimentierfreudige Kleinbrauer und Newcomer wie etablierte Brauereien ist sie Treffpunkt für Bierliebhaber, Brauer, Sommeliers und Genießer aus aller Welt. Sie sind alle da von klein bis groß, von ambitioniert bis etabliert. Braufactum, Hofbräu München, Braustelle Köln, Schneider, Fritzale, Pilsner Urquell und viele weitere Köpfe der Branche geben einen Einblick in ihr Tun und kommen mit Sondersuden, Spezialbieren und heiß begehrten Klassikern.

Eine starke Bewegung voller Charakter und Phantasie
Die USA und Großbritannien haben es längst vorgemacht. Kanada, Italien, Belgien, Skandinavien und Japan sind nachgezogen. Überall sprießen kleine innovative Brauereien aus dem Boden. Mit Charakter, Phantasie, Experimentier- und Innovationsfreude setzen hier wahre Bierkünstler ihre Ideen und vor allem ihr Verständnis von gutem Bier um. Auch in Deutschland sind sie längst nicht mehr nur in der Nische zu finden: Die Craft Biere – meist regionale, in unabhängigen (Mikro)Brauereien aufwändig hergestellte Biere – sind in aller Munde. In selbstgebauten Anlagen oder im Sharinggedanken vereint mit befreundeten Brauereien revolutionieren die jungen Wilden der Szene seit einer Weile schon den hiesigen Markt. Eine Bewegung von unten, die längst auch die Großen im Geschäft erreicht hat.

Behind the Scene:
„Nach wie vor herrscht positive Aufbruchsstimmung: Nie zuvor waren deutsche Biere so facettenreich, Brauer so experimentierfreudig und Bierliebhaber so anspruchsvoll“, weiß Frank-Michael Böer. Selbst Craft Beer Apps, spezielle Craft Beer Blogs und Craft Beer TV helfen inzwischen bei der Jagd nach dem besonderen Bier und bei der Orientierung auf der Deutschlandkarte und weltweit. Diese immense Vielfalt will die Braukunst Live! an diesem ausgefüllten Wochenende im Februar 2014 unter einem Dach abbilden und präsentieren. Denn neben den rund 85 Ständen, die knapp 110 Brauereien mit mehreren Hundert Biersorten präsentieren, bietet das Rahmenprogramm mit ausgesuchten Vorträgen, Interviews und Verkostungen einen tiefen Einblick in die Welt der Biere und Brauer.

Alte Rezepturen, Zutaten und Sorten kehren zurück – mit neuem Gesicht
Tradition, Nachhaltigkeit und Regionalität sind nach wie vor voll im Trend und der Trend nimmt sogar zu. Alte Rezepturen und Zutaten, fast vergessene Getreidesorten wie Dinkel oder Emmer erleben auch beim Bier ihre Wiedergeburt. Sorten aus vergangenen Tagen wie India Pale Ale, Rockstar unter den Craft Bieren, Stouts und Porter werden wieder neu entdeckt. Typisch für viele dieser Biere ist die Obergärung. Seit ein paar Jahren machen zudem Gourmetbiere, die so genannten Champagner unter den Bieren, auf dem deutschen Markt Furore. All dies – gepaart mit der Unverkrampftheit Neuem gegenüber und der Lust am Ungewöhnlichen und am Geschmack – macht das Erfrischende, Neue und Spannende aus, das gerade der Bierwelt eine gesunde Bewegung verleiht. Eine Bewegung, die sich bereits fest etabliert hat und auch aus der deutschen Bierszene nicht mehr wegzudenken ist.

Unter anderem sind sehr namhafte Brauereien dabei:
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Hofbräu München: 1589 gründete Herzog Wilhelm V. das Hofbräuhaus im Herzen der Stadt. Seitdem prägen Brauerei und Schankstätte Münchner Biergeschichte und Münchner Bierkultur. Das Unternehmen ist eine von zwei noch in bayerischer Hand verbliebenen Münchner Traditionsbrauereien und das Buchstabenpaar HB mit Krone ist weltweit ein Begriff. Hofbräu München versteht sich als Münchner Traditionsbrauerei und zugleich als internationaler Botschafter für Münchner Braukunst und Bierkultur.

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Pilsner Urquell gilt als das erste Pils der Welt und als Vater der meisten Lagerbiere. Am 11. November 1842 zapfte ein junger Braumeister aus Bayern namens Josef Groll in Böhmen das erste Glas des damals völlig neuartigen Bieres. Er hatte die Braumethode aus seiner Heimat mit den feinsten lokalen Zutaten kombiniert. Der Saazer Hopfen kommt aus den traditionellen Anbaugebieten Nordböhmens. Seitdem wird das untergärige Bier im tschechischen Pilsen unverändert nach altem Rezept und der Pilsner Brauart gebraut. Die faszinierende Brauwelt in Pilsen könnt Ihr auf Le Gourmand hier nachlesen.

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Im Rahmen des Eröffnungsrundganges mit Journalisten zapfte der jetzige Pilsner Braumeister Václav Berka ein Holzfass mit unfiltriertem Pilsner Urquell an – wie ihr hier in meinem Video sehen könnt. Das unfiltrierte Pilsner Urquell schmeckt nochmal viel besser als das schon sehr leckere Pils.

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Dass auch ein multinationaler Konzern an so einer Messe teilnimmt, ist ein sehr großer Erfolg. Und ein deutliches Zeichen, wie wichtig diese Szene in anderen Ländern genommen wird. So war am Stand von Pilsner Urquell nicht nur die Brauerei selbst anwesend, sondern auch der deutsche Statthalter des Mutterkonzerns SAB Miller, einem südafrikanisch-amerikanischem Multi, der Nummer 2 im Weltmarkt nach Anheuser-Busch-INBEV.

Schneider Weisse ist seit 1872 in Familienbesitz, heute in sechster Generation. Die Wurzeln der traditionsreichen Weißbierbrauerei liegen in München. Hier erhielt vor über 130 Jahren der Ur-Ur-Urgroßvater des heutigen Inhabers Georg Schneider als erster Bürgerlicher von König Ludwig II. das Recht, Weißbier zu brauen. Seit der Zerstörung des Königlich Weissen Hofbräuhauses zu München im Zweiten Weltkrieg wird in Kehlheim gebraut. Die Schneider Weisse schätzt man im In- und Ausland als ein Bier aus traditioneller Herstellung und einem gleich bleibend hohen Qualitätsstandard. Hätte Schneider seine Braustätte nach wie vor auf Münchner Stadtgebiet, so hätten sie auch das Anrecht auf ein eigenes Zelt auf dem Oktoberfest. Schade, dass dem nicht so ist. Georg Schneider hat mir in einem Gespräch persönlich diesen Fakt bestätigt, aber auch gesagt, dass es jetzt leider viel zu teuer wäre, nur wegen der Wiesn in München eine eigene Braustätte zu bauen.

Braufactum steht für hochwertige Bierkreationen, die ihren Charakter aus der Verbindung von Handwerkstraditionen und Innovationsgeist schöpfen. Nicht nur neuartige und ungewöhnliche Braumethoden – wie z.B. Reifung in edlen Holzfässern, Flaschengärung oder auch Kalthopfung – machen diese Biere besonders. Sorgfältig ausgesuchte Rohstoffe, alte und neue Rezepturen, spezielle Brauverfahren und die jeweilige unverwechselbare Handschrift der einzelnen Kreateure lassen ein Sortiment von außergewöhnlicher Geschmacksdichte entstehen.

Joh. Barth & Sohn hat seine Wurzeln in einer kleinen Hausbrauerei in der Fränkischen Schweiz und ist heute ein weltweit agierendes Familienunternehmen. 1794 begann Johann Barth gemeinsam mit seinem Sohn Georg mit dem Hopfenhandel, mittlerweile wird es in der 7. und 8. Generation von Gesellschaftern aus der Gründerfamilie geführt und ist Mitglied der Barth-Haas-Gruppe. Sitz ist immer noch Nürnberg. Mit sechs Standorten weltweit bietet Joh. Barth & Sohn eine herausragend breite Produktpalette aus der Hopfenwirtschaft und den wichtigsten Anbaugebieten der Welt.

BRAUKUNST LIVE! FESTIVAL 2014 im MVG Museum München:
Von der U- und S-Bahnstation „Giesinger Bahnhof“ startet alle 10 Minuten ein kostenloser Shuttlebus, der direkt vor dem Eingang des MVG-Museums hält, und von dort aus wieder zu den Bahnen zurückfährt.
Der Eintritt für das Festival 2014 beträgt 20,- für einen Tag. Darin enthalten sind vier Gutscheine für je 0.1 L feinstes Bier zum Probieren. Das 2-Tages-Ticket kostet 35,- das 3-Tages-Ticket 45,-.

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3 comments

Wächst die Bierszene in Deutschland? Freie Brauer unterstützen handwerkliche Tradition | Le Gourmand – Das Genießer-Magazin 26. März 2014 - 12:00

[…] hier vor Ort in München vor kurzem die Messe Braukunst Live! stattfand, habe ich bereits an dieser Stelle ein p… gefunden. Die Brauer wollen langsam weg vom standardisierten industrialisierten […]

Reply
Schneider Weisse: Ein Weizen Doppelbock ist wahrlich was wunderbares | Le Gourmand – Das Genießer-Magazin 8. April 2014 - 11:00

[…] sie auch das Anrecht auf ein eigenes Zelt auf dem Oktoberfest. Schade, dass dem nicht so ist. Georg VI. Schneider hat mir in einem Gespräch persönlich diesen Fakt bestätigt, aber auch gesagt, dass es jetzt leider viel zu teuer wäre, nur wegen der Wiesn in […]

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Das perfekte Wirtshaus: Gibt es das noch? | Le Gourmand – Das Genießer-Magazin 7. Januar 2015 - 16:33

[…] großartiges Plädoyer für eine bessere, geschmacksreichere Braukultur. Hier lässt der Trend zum Craft-Bier […]

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