Wasser rauscht. Holz knarzt. Irgendwo schlägt eine Kuhglocke an. Die Wildschönau empfängt mich nicht mit Spektakel, sondern mit Stille. Ein sanftes Hochtal in Tirol, perfekt für Familien, die Ruhe suchen. Mit Wind, der durch hohe Gräser streicht. Mit Wiesen, die sich wie Wellen durch das Hochtal wölben. Und mit einem Takt, der nichts wissen will von der Welt da draußen.
Wir wohnen abgeschieden, in einer einfachen Hütte, ganz für uns allein. Kein Hotel, kein Programm. Nur wir. Familienurlaub zu dritt in der Wildschönau. Und ein Tal, das bei jedem Ausflug ein Stück mehr von seinem Charakter zeigt. So beginnt eine Reise, die nicht lauter wird, je länger sie dauert – sondern leiser. Und damit eindringlicher.

Heimelige Dörfer, viel Natur und gelebte Traditionen: Die Wildschönau ist ein abgeschiedenes Hochtal inmitten der Kitzbüheler Alpen. Mit seinen vier Orten Niederau, Oberau, Auffach und Thierbach verspricht die Wildschönau eine Auszeit in Traumlage. Die traumhafte Bergszenerie, satte Almwiesen dazu Bauernhöfe im Tiroler Stil und urige Berghütten bieten die perfekte Kulisse für einen gelungenen Urlaub. Während die Wildschönau sich im Winter als Schneeparadies präsentiert, verwandelt sie sich im Sommer in eine ausgezeichnete Destination für Wanderer, (E-)Biker, Genießer und Familien. Sie gehen zwischen Schatzberg (1.903 m) und Markbachjoch (1.496 m) auf Entdeckungstour, erklimmen (mit oder ohne Seilbahn) aussichtsreiche Gipfel, spazieren auf leichten Wanderwegen, radeln zu entlegenen Almen oder erleben im „Familienpark Drachental Wildschönau“ Action pur.

Kleine Läden, große Geschichten: Handwerk und Heimatgefühl
Die ersten Entdeckungen liegen ganz nah. In Oberau, einem der vier Kirchdörfer der Wildschönau, besuche ich den Wildschönauer Bauernladl – eine Institution für alle, die lieber Geschmack als Verpackung kaufen. Innen riecht es nach Speck, Almkäse und frisch gebackenem Brot. Die Vitrine ist klein, aber gefüllt mit köstlichen Produkten aus der Region. Die Verkäuferin erzählt mir von Bauern, die frühmorgens ihren Ware bringen, von Imkern, die Honiggläser selbst etikettieren, und von Touristen, die Jahr für Jahr genau hierher zurückkehren – wegen der Würze des Tals.

Ein paar Schritte weiter stoße ich auf etwas, das ich fast übersehen hätte: eine Skulptur aus Bronze und Beton am Wegrand. Sie trägt den Titel „Der Wind und das Wasser“. Zwei Elemente, die die Landschaft formen – aber auch das Leben hier. Sie steht am Franziskusweg, einen Besinnungsweg zwischen Niederau und Oberau, der neun Bronzefiguren des Bildhauers Hubert Flörl enthält. Diese Skulpturen sind eine künstlerische Umsetzung des Sonnengesangs des heiligen Franziskus und stellen die Elemente Wind, Wasser und andere Schöpfungen dar.

Das Werk ist Teil des Ensembles rund um das Tiroler Holzmuseum, das nur einen kurzen Spaziergang entfernt liegt. Was auf den ersten Blick wie ein Heimatverein mit Sammelleidenschaft wirkt, entpuppt sich als echtes Kleinod: kunstvoll geschnitzte Szenen aus dem bäuerlichen Alltag, historische Werkzeuge, sogar eine alte Schnapsbrennerei. Wer wissen will, wie tief Holz und Handwerk in der Seele Tirols verwurzelt sind, findet hier Antworten – still, ohne Pathos, aber mit viel Substanz. Ein kleiner Hingucker ist die Lehmanns Garten-Bahn, die durch den Garten des Holzmuseums fährt. Und besonders cool finde ich die Mega-Katze, die den Besucher mit ihren grossen Augen fixiert.











Hubert Salcher, Holzschnitzer und Bildhauer und vor allem leidenschaftlicher Sammler, hat in seinem Geburtshaus in Auffach das 1. Holzmuseum Tirols eröffnet und wurde bereits mit einigen Museumspreisen ausgezeichnet. 1.000m² Schaufläche verteilen sich auf zwei Etagen. In den Holzkammern, in denen das Harz duftet und die Dielen knarren, sowie im Außenbereich präsentiert er vom Holznagel bis zum Holzwurm, von der ältesten Volksliederharfe Tirols bis zu einer der ältesten Weihnachtskrippen rund 5.000 Exponate. Darunter befinden sich übrigens auch der kleinste und der größte Hobel Österreichs, Postkarten, Pferdefuhrwerke, Spinnräder und weitere historische Ausstellungsstücke, die Hubert Salcher für sein Museum sammelte.

Doch aufgepasst, in der Wildschönau gelangt man sehr schnell auf den Holzweg. Genauer gesagt, auf den Auffacher Holzweg. „Auf dem Holzweg“ zu sein, bedeutet in unserem Sprachgebrauch eigentlich etwas Negatives, nämlich im Irrtum sein oder fehlgehen. Holzweg waren einst schmale Wirtschaftswege, die der Beförderung von Holz dienten, aber zu keinem Ziel führten und beliebig endeten. Daraus entstand die heute gebräuchliche Bedeutung des Irrweges.
Die Gebrüder Grimm sprechen vom Holzweg als einem kurvenreichen, krummen Weg, der zu Wirtschaftszwecken in ein Holz gemacht ist – also in einen Wald. In diesem Sinne folgt de rHolzweg einem Prinzip der Natur, die keine geradlinigen Formen kennt. Der Holzweg verleitet uns somit zur Rückbesinnung auf ursprüngliche Werte.
Der Auffacher Holzweg geht an 13 Stationen vorbei und erklärt die Bedeutung des Holzes für die Region, und auch, dass der Ortsname Auffach von „Holz auffachen“ (also Holz auffangen) kommt.




Wildschönau Brauerei: Gerstengenuss und herzhafte Küche
In Mühltal, gegenüber der Haltestelle der Bummelbahn Wildschönau, befindet sich die Wilschönau Brauerei. Der Wirt und Braumeister braut hier bestes Bier und serviert dazu herzhafte Speisen.

Allerdings hat mittlerweile die Wildschönau Brauerei ihren Betrieb eingestellt. Was schade ist, denn der Braumeister hat wirklich exzellente Biere gebraut.

Auf 1.290 Metern: Schmalznudeln, Almidylle und ein drohendes Gewitter
Wenn man den Tag mit selbst geröstetem Brot beginnt, will man ihn auch mit etwas Besonderem fortsetzen. Also packen wir den Rucksack, steigen ins Auto und fahren bis zum Wanderparkplatz bei Thierbach. Ziel: die Achental Alm. Der Weg führt erst durch schattigen Wald, dann öffnet sich die Landschaft. Grüne Hänge, Kuhweiden, vereinzelte Latschenkiefern. Die Alm liegt wie aus einem alten Film vor uns – verwittert, charmant, auf 1.290 Metern Höhe.

Die Wirtin trägt ein kariertes Hemd, schneidet den Käse selbst und sagt mit einem Augenzwinkern: „Heute gibt’s die Guten.“


Sie meint sie klassischen Wildschönauer Schmalznudeln, frisch ausgebacken, außen goldbraun und knusprig, innen weich und duftend. Serviert mit Apfelmus – oder für die Mutigen mit Preiselbeergelee. Das Besondere: Ein Hauch Koriander in der Teigmasse. Unerwartet. Faszinierend. Köstlich.

Der Pfad hinauf zum Kragenjoch beginnt gleich hinter der Alm. Es ist keine alpine Herausforderung, aber doch steil genug, um den Puls zu spüren. Oben steht das Gipfelkreuz, der Blick reicht über das Tal hinweg bis zum Wilden Kaiser. Mein Foto entsteht genau in dem Moment, als die ersten Wolken die Sonne verdecken. Der Abstieg wird von Regen begleitet. Wir lachen, werden nass, stapfen durch Pfützen. Und fühlen uns – lebendig. Und auf der Fahrt vom Parkplatz zurück ins Tal nehmen wir noch andere Wanderer mit, die sonst während des Gewitters den kompletten Weg hätten laufen müssen.

Wo Zeit stehen bleibt: Der Bummelzug und das bäuerliche Erbe
Am nächsten Tag haben wir Muskelkater – und Sehnsucht nach Gemütlichkeit. Also steigen wir in den Bummelzug der Wildschönau, der mehr als nur ein Transportmittel ist. Er ist eine Art meditativer Reisebegleiter: langsam, ruckelnd, gemütlich. Während er durch das Tal tuckert, schauen wir hinaus auf grüne Hügel, auf alte Höfe mit Schindeldächern, auf spielende Kinder und arbeitende Bauern.

In Kundl steigen wir aus. Die Kundler Klamm beginnt ruhig, fast unscheinbar – dann plötzlich stehen wir zwischen senkrechten Felswänden, hören das Wasser der Wildschönauer Ache, das tosend über Steine springt. Die Luft ist kühler hier, voller Feuchtigkeit und Moosgeruch. Die Wildschönauer Ache fließt durch die rund 2,7 km lange Kundler Klamm, vorbei an bis zu 200 Meter steil aufragenden Felswänden, die in den unterschiedlichsten Rot-, Braun- und Grautönen schimmern, und bricht anschliessend ins Inntal durch, wo sie einen Schwemmkegel aufgeschüttet hat, auf dem Kundl liegt.
Zuflüsse lassen die Wildschönauer Ache zu einem tosenden Fluss anschwellen, der lautstark durch die Schlucht schießt. Im unteren Bereich sammelt sich das Wasser in ruhigen Becken. Ein idealer Platz für Kinder, um gefahrlos zu planschen. Zwischendurch laden Bänke zum Ausruhen ein; Info-Tafeln erklären die Geologie der Klamm und berichten von Sagen, die es über die Entstehung der besonderen Schlucht gibt. Sie fließt durch den Ortskern von Kundl und mündet nördlich davon in den Inn.
Die Kundler Klamm, zwischen Wildschönauer Mühltal und Inntal gelegen, ist eine der beeindruckendsten Naturkulissen und eine der schönsten Schluchten Österreichs. Die Wanderung durch die Kundler Klamm ist leicht und für Jung und Alt ein herrliches Erlebnis. Gerade an heißen Sommertagen bietet die Kundler Klamm eine willkommene Erfrischung und Abkühlung.
Selbstverständlich gibt es zur Wildschönau und der Kundler Klamm auch eine Sage:
„Die Wildschönau war einst ein See. Darin hauste ein fürchterlicher Drache. Ein Bauer tötete ihn durch List. Im Verenden biss das Ungeheuer den Felsen nach Kundl durch, und der See entleerte sich. So entstanden die Wildschönau und die Kundler Klamm.“

Eine hölzerne Brücke quert die Schlucht, daneben ein alter Steinbrunnen, aus dem wir frisches Wasser schöpfen. Wer mit Kindern reist, wird diesen Ort lieben: Kein Verkehr, keine Hektik, nur Natur pur.

Zurück im Tal, besuchen wir das Bergbauernmuseum z’Bach. Das Gebäude allein ist schon ein Erlebnis – ein original erhaltener Hof mit niedrigen Decken, dicken Holzbalken und alten Gerätschaften. Drinnen riecht es nach Rauch und Wachs, draußen surren Bienen. Dieser Bauernhof war noch bis 1995 bewirtschaftet.
Das Museum zeigt nicht nur das harte Leben früherer Generationen, sondern auch ihre Kreativität, ihre Rituale, ihren Stolz. Kein Hochglanz, keine Klischees – nur ehrliches bäuerliches Leben.




Das Bergbauernmuseum z’Bach zeigt Interessantes und Skurriles über Handwerks- und Nutzungsgegenstände sowie Wissenschaft, Künste und historische Ereignisse. Beachtenswert ist auch die Außenanlage mit Kapelle, Mühle, Bauerngarten und dem Brotbackofen. Die Ausstellungsstücke – von der hölzernen Form zum Butterwaschen über die großen Pfannen zur Zubereitung des Familienessens und die „Kämme“ zum Beerenpflücken bis hin zu den Werkzeugen zur Holzbearbeitung – wurden aus dem gesamten Tal zusammengetragen.
In den historischen Räumen des Bauernhofes aus dem Jahre 1795 ist eine bemerkenswerte Sammlung untergebracht. Über 1.200 Exponate erzählen Geschichte und Geschichten über das Leben der Tiroler Bergbauern. Übrigens: Der berühmten Schauspielerfamilie Hörbiger, deren Urheimat die Wildschönau ist, widmet das Museum einen eigenen Raum.
Während der Sommermonate findet im Museum regelmässig ein Handwerksmarkt statt. Holzschnitzer, Drechsler, Schuhmacher, Filter, Korblechter und andere arbeiten nach überlieferten Techniken. Auch typisches Kunsthandwerk wie Goldstickerei, Klöppeln, Glas- und Aquarellmalen kann bestaunt werden. Aus dem alten Backofen gibt es frisches Bauernbrot zum Mitnehmen und in der alten Museumsküche werden duftende „Schmalznudeln“ gebacken. Hier schmecken wir, dass die Wildschönau seit Jahren zu den Genussregionen Österreichs gehört.

Freischwimmbad Wildschönau: Erfrischend und beruhigend
An einem heißen Tag zieht es uns hinunter nach Oberau, zum Freischwimmbad Wildschönau. Eingebettet in die sanfte Tallandschaft, bietet das familienfreundliche Bad alles, was man für eine kleine Sommerpause braucht: ein großes Becken zum Schwimmen, ein separates Kinderbecken mit Rutsche und viel Platz zum Liegen. Keine schrille Animation, kein überbordender Trubel – dafür echtes Tiroler Freibadflair mit Blick auf grüne Hügel und bewaldete Hänge. Die Kinder toben durchs Wasser und lassen sich auf Luftmatratzen treiben. Urlaub mit Kindern in der Wildschönau ist hier ganz bodenständig – und gerade deshalb so erfrischend.

Letzte Höhenmeter: Käse, Kühe und klare Sicht
Unser letzter Tag in der Wildschönau führt uns ganz ans Talende – zur Schönanger Alm. Der Weg dorthin wird stiller mit jedem Kilometer. Die Straße endet am Alpengasthof, dahinter beginnt das Reich der Senner. Wir treten ein in die Schaukäserei, wo uns Johann Schönanger empfängt: wettergegerbtes Gesicht, ruhige Stimme, kräftiger Händedruck.

Er zeigt uns die Kessel: 1.200 Liter Milch ergeben drei Laibe. Jeweils 33 Kilogramm schwer, mit Rotschmiere eingerieben, ein Jahr lang gereift.
Die Schönanger Alm ist der ganze Stolz von 25 bäuerlichen Betrieben, die ihre rund 300 Kühe jedes Jahr von Ende Mai bis Mitte September hierher in den „Sommerurlaub“ schicken. Sie ist ein beliebtes Ausflugsziel und idealer Ausgangspunkt für ausgedehnte Spaziergänge und Wanderungen. Inmitten dieser Idylle wacht ein fleißiges Käser-Team über das Gedeihen von Vieh und Käse. Ihnen ist es zu verdanken, dass aus den gut 2.000 Litern Milch, die täglich auf der Schönangeralm gemolken werden, preisgekrönter Käse entsteht. Was einen Käse besonders gut macht, worauf man achten muss, das bekommen Urlauber bei Führungen durch die Käserei erklärt.











Wir verkosten Camembert, Almkäse, Tilsiter, Appenzeller, sogar Kräuterkäse mit Thymian und Rosmarin. Der Geschmack ist klar, die Struktur fest, der Duft würzig. Das ist kein Käse für den schnellen Supermarktbesuch – das ist Käse als Kulturgut.


Draußen weiden Kühe auf saftigem Grün. Der Himmel wechselt von wolkenverhangen zu strahlend in Minuten. Es ist ein idealer Ort für einen letzten Blick zurück – oder nach vorn. Denn wer einmal hier war, kehrt zurück. Nicht nur wegen der Landschaft, sondern wegen eines Gefühls: der Gewissheit, dass Einfachheit nicht Verzicht bedeutet – sondern Reichtum.
Abschied ohne Ende
Der Abschied fällt schwer, obwohl nichts Spektakuläres passiert ist. Kein Festival, kein Event, kein Rekordgipfel. Nur Tage voller Echtheit, Begegnungen, Geschmack, Natur. Die Wildschönau hat sich nicht aufgedrängt. Aber sie bleibt. In Bildern. In Gerüchen. In Geschichten. Und vielleicht auch in einem Käse, den wir mitnehmen. Zum Nachreifen. Für daheim. Und in der Erinnerung an einen Skiurlaub im Familotel Galtenberg im SkiJuwel Wildschönau-Alpbachtal.
Disclosure: Wir verbrachten eine kurzen, doch unvergesslich schönen Urlaub in der Wildschönau. Diese Reise war ein privater Urlaub – gewürzt mit ein paar Tipps und Hinweisen von Wildschönau Tourismus. Dafür herzlichen Dank! Dennoch bleibt unsere Meinung nicht käuflich. Destinationen, Hotels und Restaurants überzeugen und begeistern mit ihrer Leistung. Dafür nochmals herzlichen Dank!