Ein lauer Sommerabend am Tegernsee. Ich sitze am Chef’s Table im Gourmetrestaurant Dichter, erhöht, direkt am Pass, mit freiem Blick in die Küche. Der Pass ist das Epizentrum dieses Raumes – ruhig, präzise, konzentriert. Während das Küchenteam um Thomas Kellermann scheinbar mühelos arbeitet, ergeben sich immer wieder kurze Gespräche mit Restaurantleiterin Marianne Wiedemann und Sommelier Tobias Blaha. In dieser Atmosphäre ist man nicht nur Gast, sondern Teil eines kulinarischen Dialogs – auf Augenhöhe und doch staunend.
Anreise mit Genuss: Bahn, Schiff, Spaziergang

Von München aus empfiehlt sich die entspannte Anreise mit der Bayerischen Regiobahn bis zum Bahnhof Tegernsee. Nach wenigen Gehminuten erreicht man die Anlegestelle am Bräustüberl. Von dort geht es mit dem Schiff über den See bis zur Station Rottach-Egern – Überfahrt. Das Parkhotel Egerner Höfe mit dem Gourmetrestaurant Dichter liegt nur wenige Minuten entfernt. Wer so anreist, beginnt die Reise zum Genuss bereits unterwegs.
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Genuss am Chef’s Table im Gourmetrestaurant Dichter
Der erhöhte Tisch direkt am Pass – der sogenannte Chef’s Table – bietet einen ungehinderten Blick in die Küche von Thomas Kellermann. Hier, an der sogenannten „RockBar“ können insgesamt sechs Gäste Platz nehmen. Hier arbeitet das Team in fast geräuschloser Präzision, während das Service-Team um Restaurantleiterin Marianne Wiedemann und Sommelier Tobias Blaha dezent aber aufmerksam agieren. Der Chef’s Table ist ein Erlebnis für Kenner: sechs Gänge, abgestimmt auf eine präzise Weinbegleitung, mit direktem Austausch zwischen Küche und Gast. Dank offen gestalteter Küche können Gäste dem Sternekoch und seinem Team zudem über die Schulter schauen. Das Gourmetrestaurant Dichter bietet den perfekten Rahmen für Kellermanns Kreationen.



Schon die Grüße aus der Küche sowie der Brotkorb und die gesalzene Butter lassen die Geschmacksknospen am Gaumen explodieren und stimmen perfekt auf den Abend ein. Eigentlich könnte ich mich auch nur mit Brot und Butter irgendwohin setzen und wäre glücklich. Aber nein, zuviel Kohlenhydrate machen dick und ich wollte ja eigentlich etwas abnehmen… – also geniessen wir dieses herrlich leichte sommerliche Menü.

1. Gang: Tegernseer Renke | Apfel | Kapuzinerblüte
Der Auftakt ist lokal verankert: Renke aus dem Tegernsee, präzise gegart, mit feiner Säure und floralen Noten durch Apfel und Kapuzinerblüte. Begleitet wird das Gericht von einem 2021er Weißburgunder „Löss“ vom Weingut Klumpp (Bruchsal/Baden). Der Wein unterstreicht die Leichtigkeit des Gerichts, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.

2. Gang: Saibling | Gurke | Mais
Der Saibling, zart und sauber filetiert, wird mit einer fluffigen Maisespuma oder eher einer aufgeschäumten Maissauce und feiner Gurke kombiniert. Ein Spiel aus Süße, Frische und Umami. Dazu passt der 2021er Gigondas Blanc von La Boussière (Rhône/Frankreich), der mit Struktur und kräuterigen Noten das Gericht komplex ergänzt.

3. Gang: Bouillabaisse | Seewolf | Limette | Lauch
Die klassische Bouillabaisse ist hier extrem konzentriert, extrem reduziert und extrem geschmacksintensiv. Sie erhält durch Limette einen frischen Twist, der Seewolf bringt Tiefe, Lauch sorgt für eine feinherbe Erdung. Der dazu servierte Rosé Cuvée Spéciale des Vignettes (Clos Cibonne, Provence) verleiht dem Gericht sommerliche Eleganz.

4. Gang: Kalbsbries | Bohne | Bohnenkraut
Kalbsbries, außen kross, innen weich – auf den Punkt zubereitet. Dazu grüne Bohnen und intensives Bohnenkraut, das die milde Innerei ausbalanciert, mit einer klassischen Beurre Blanc. Der 2013er Silvaner „Julius-Echter-Berg“ Großes Gewächs vom Weingut Juliusspital (Würzburg/Franken) bringt reife Mineralität und pikante Frische.

5. Gang: Bayrischer Rehrücken | Kohlrabi | Szechuan
Der Hauptgang ist ein Meisterstück: zart gegarter Rehrücken, kombiniert mit jungem Kohlrabi und der prägnanten Schärfe von Szechuanpfeffer. Die Sauce allein ist ein Gedicht. Und wer mich kennt, der weiss, dass ich ein Saucenfan bin. An einer grossartig gelungenen, intensiven und stark reduzierten Sauce zeigt sich der Meisterkoch. Großes Kino! Danke! Der 2014er Malbec Tradition von Château Chambert (Cahors/Frankreich) bringt Tiefe und erdige Eleganz ins Glas.

6. Gang: Pfirsich | Basilikum | Pistazie
Das Dessert verbindet Frucht und Kräuter: Pfirsich in verschiedenen Texturen, ergänzt durch Pistazie und frischen Basilikum. Der 2015er Riesling „Kastanienbusch“ Auslese vom Weingut Dr. Wehrheim (Birkweiler/Pfalz) schließt das Menü harmonisch und mit feiner Restsüße ab.

Thomas Kellermann: Stationen eines Spitzenkochs
Geboren 1969 in Weilheim, lernte Thomas Kellermann sein Handwerk bei Größen wie Dieter Müller, Harald Wohlfahrt und Christian Jürgens. Stationen seiner Karriere waren u.a. das Hotel Adlon Berlin, das Hotel Fürstenhof Celle und die legendäre Burg Wernberg, wo er sich zwei Michelin-Sterne erkochte. Seit 2020 prägt er das Gourmetrestaurant Dichter im Parkhotel Egerner Höfe – zunächst mit einem, seit 2023 mit zwei Michelin-Sternen. Sein Stil: aromensicher, präzise, bodenständig und zugleich intellektuell anspruchsvoll.
Für Thomas Kellermann sind es die Kleinigkeiten, die den Unterschied zwischen einer sehr guten Küche und einem Sterne-Restaurant ausmachen. Doch ähnlich wie ein guter Wein im Weinberg und nicht erst im Weinkeller gemacht wird und ein schlechter Wein im Weinkeller kein Spitzenprodukt mehr werden kann, so verdeutlicht auch Thomas Kellermann im Gourmetrestaurant Dichter seinen Grundsatz, dass das Produkt stimmen muss. „Wenn das Produkt nicht stimm, dann wird aus dem Rest auch nichts mehr.“ Mäßige Qualität wird den Gästen des Dichter und des Park-Hotels Egerner Höfe ebenso wenig gerecht wie den anderen Gourmettempeln im Geniesserland Tegernsee.


Flüssige Genüsse aus der Schatzkammer
Als großen Gewinn für das Restaurant sehe ich das Engagement von Chef-Sommelier Tobias Blaha, der die Kreationen der Küche kongenial begleitet. Er wurde zuletzt 2024 erneut zu einem der Top 50 Sommeliers des Jahres ausgezeichnet. Er absolvierte seine Ausbildung im Berghotel Maibrunn, St. Englmar, bevor er schon vor über zehn Jahren das erste Mal am Tegernsee als Chefsommelier im Hotel Bachmair Weissach, Rottach-Egern, arbeitete.
Anschliessend war er Sommelier & Restaurantleiter im Schwingshackl Esskultur, Tegernsee, und ging dann zurück in den Bayerischen Wald, diesmal in die Oswald-Stube, Kaikenried, bevor er 2021 wieder zurück an den Tegernsee in das Gourmetrestaurant Dichter wechselte.
Die Weinkarte umfasst rund 400 Positionen, der Einfluss von Tobias Blaha ist anhand vieler neu dazugekommener Etiketten deutlich schmeckbar. Der Fokus wurde verstärkt auf Weine aus Deutschland, Österreich und Südtirol gelegt, die besonders gut zu Kellermanns regional orientiertem Küchenstil passen. Aber auch Liebhaber französischer und italienischer Gewächse kommen auf ihre Kosten.







Grossartige Kreszenzen begleiten das Gourmetmenü. Champagner und sechs Weine – natürlich jeweils nur glasweise. Die Weinbegleitung korrespondiert exzellent zu den jeweiligen Gängen. Das Team um Restaurantleiterin Marianne Wiedemann und Sommelier Tobias Blaha sorgt in perfekt eingespielter Allianz dafür, dass ein Besuch zu einem unbeschwert-heiteren Erlebnis wird. Wozu selbstverständlich auch adäquat gefüllte Gläser gehören.
Süße Verführungen




Die kleine Pralinen und süßen „Magendratzerl“ beenden den Abend auf einem absolut hohen Niveau. Dieser Abend ist ein Abend der kulinarischen Kreativität, der gastronomischen Hochgenüsse und höchster Küchenkunst.

Der Chef’s Table: Nähe, Ruhe, Perspektive
Am Chef’s Table erlebt man mehr als nur ein Menü: Es ist ein kulinarischer Dialog zwischen Gast, Küche und Service. Restaurantleiterin Marianne Wiedemann beschreibt das Konzept als bewusste Einladung zur Entschleunigung. Sommelier Tobias Blaha steuert eine kenntnisreiche Weinbegleitung bei – mehr als 400 Positionen umfasst die Karte, doch die meisten Gäste entscheiden sich für die präzise abgestimmte Weinbegleitung.

Nachklang: Bonsai, Blickachsen und leiser Luxus
Der Raum des Restaurants ist ebenso durchdacht wie das Menü: reduziertes Design, natürliche Materialien, mittig drei groß gewachsener Bonsai-Bäume. Große Glasflächen lassen Natur und Raum miteinander verschmelzen. Sie geben den Blick frei in den Hotelpark auf die uralten Kastanien und Eichen sowie die umliegenden Berge.Kellermann spricht von „leisem Luxus“, einer Atmosphäre, die Konzentration auf das Wesentliche ermöglicht. Doch halt, schauen wir doch nochmal genauer hin:
Kellermanns Wunsch bei der Neugestaltung des Restauranttraktes war: „Holt mir bitte die Natur ins Restaurant!“ Mitten im Restaurant verstärken drei offene und beleuchtete sowie mit beeindruckenden japanischen, bonsaiartig geschnittenen, immergrünen Eiben bepflanzte Glaskuben zusätzlich den engen Bezug zur Natur und machen Thomas Kellermanns kulinarische Vision mit allen Sinnen erlebbar. Einer der den ästhetischsten und außergewöhnlichsten Genussorte rund um den Tegernsee. Ein bisschen „Zen meets Bavaria“. Das Besondere an diesen Kuben: Da sie zum Himmel hin offen sind, stehen im Winter dann schneebedeckte Bäume im Restaurant. Der Gast hat das Gefühl, er säße im Park. Ein absoluter Hingucker.
Die offene Küche ist dunkelgrün gefliest – ein optischer Blickfang, der sich auch als Reminiszenz an eine wichtige Station in Kellermanns Biografie verstehen lässt, denn die Stilistik der bunten Kacheln erinnert stark an das alte Tantris, wo er als Souschef von Hans Haas prägende Jahre verbrachte.
Der Blick zurück: Michael Fell
Vor Thomas Kellermann war Michael Fell Küchenchef der Egerner Höfe. Auch er prägte das Haus kulinarisch maßgeblich – mit klassischer Haute Cuisine und einem Faible für saisonale Produkte. Bereits vor Jahren durfte ich ihn interviewen – der Artikel ist hier finden. Der Wechsel von Fell zu Kellermann markiert einen Generationswandel – von der französisch geprägten Klassik zur modernen bayerischen Avantgarde.

Mit dem Wechsel von Michael Fell zu Thomas Kellermann kam auch der Umzug des Gourmetrestaurants. Die alte Dichterstubn hatte keinen externen Eingang für die Gäste des Restaurants. Außerdem war der Weg für die Hotelgäste aus dem Haupthaus in die alte Dichterstubn relativ weit und vorbei am Parkhaus nicht sehr schön. Mit dem Um- und Neubau wurde aus der „Dichterstubn“ der „Dichter“ – ähnlich wie die Küche von Thomas Kellermann auch reduziert und konzentriert ist. Jetzt herrschen also optimale Bedingungen für Gäste, Küche und Service.
Fazit: Ein Gedicht in sechs Gängen
Das Gourmetrestaurant Dichter ist weit mehr als ein Ort für gutes Essen. Es ist eine Bühne für Produktqualität, ein Raum für Gastlichkeit und ein Schauplatz für kulinarische Geschichten. Thomas Kellermann und sein Team zeigen, dass Hochküche weder steif noch unnahbar sein muss. Am Chef’s Table wird daraus ein Abend, der ebenso inspiriert wie begeistert – ein Gedicht für alle Sinne.
Disclosure: Wir verbrachten eine kurze, doch unvergesslich schöne Zeit im Gourmetrestaurant Dichter sowie im Parkhotel Egerner Höfe. Wir danken für die Einladung, ohne die dieser Artikel nicht möglich gewesen wäre. Dennoch bleibt unsere Meinung nicht käuflich. Destinationen, Hotels und Restaurants überzeugen und begeistern mit ihrer Leistung. Dafür nochmals herzlichen Dank!