Home ReiseDeutschlandMünchenRestaurant Acquarello in München: Cucina del Sole unter Hochspannung

Restaurant Acquarello in München: Cucina del Sole unter Hochspannung

by Götz A. Primke
Restaurant Acquarello München

Sprechen Sie es laut aus: „Cucina del Sole“. Es ist das Motto von Mario Gamba, Patron und Chef im Restaurant Acquarello in München. Und es wirkt wie ein Versprechen. Wer seine Küche kennt, weiß: Dahinter verbirgt sich nicht bloße italienische Leichtigkeit, sondern eine fein durchdachte, bis ins Detail durchkomponierte Küche voller Energie, Stil und Präzision.

Seit 1994 steht das Restaurant Acquarello für anspruchsvolle italienische Haute Cuisine in Deutschland. Gamba, ein gebürtiger Italiener aus Bergamo, hat sich mit seinem Restaurant an die Spitze gekocht. Auszeichnungen folgten schnell: der erste Michelin-Stern 2000, der Gambero Rosso mit regelmäßig drei Gabeln, Rankings unter den besten italienischen Restaurants der Welt. Und dennoch: 2025 verliert das Acquarello den Michelin-Stern.

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Doch statt Stillstand zeigt Gamba Haltung. Er macht weiter. Kocht weiter. Und begeistert weiter. Wir waren zweimal zu Gast: im Frühjahr – da hatte er noch den Stern – und im Hochsommer, kurz nachdem er den Stern verloren hat. Zwei Besuche, die zeigen, warum dieses Restaurant auch ohne Stern seinen Platz unter den besten Adressen Münchens und auch Deutschlands behauptet. Und ihn hoffentlich auch bald wieder erlangt.

Acquarello bedeutet Aquarell auf Deutsch – und so muss man das Restaurant lesen: Die Wände des Lokals sind senfgelb gestrichen, darauf befinden sich Gemälde von tiefblauen Meeresstränden sowie ein Wandgemälde mit Segelschiff auf dem Meer in fiktiv-italienisch-antiker Landschaft. Zusammen mit den kuschligen Sitzinseln finde ich persönlich die Einrichtung etwas sehr 90er-Style. Doch es stört mich nicht, ich finde es sehr gemütlich, kuschlig, ja, sogar intim, da es zu persönlichen, privaten Gesprächen einlädt.

Frühling im Zeichen der Eleganz

Ein erster Besuch im März. Draußen noch kalt und bereits dunkel, drinnen warmes Licht, weiße Tischdecken, aufmerksamer Service. Der Einstieg: zwei Arten von Ravioli, hauchzart und ein luftiger Traum. Als erster Gang folgt eine halbe Kartoffel gefüllt mit weißem und grünen Spargel, Erbsen und Radieschen mit Joghurtcreme. Der Frühling kündigt sich an, frisch und vielschichtig, dabei erdig genug. Die darauf folgende Kerbel-Creme-Suppe mit zwei pochierten Wachtel-Eiern ist nicht einfach nur aromatisch, sondern besitzt Tiefe. Die zwei Wachteleier darin geben dem Ganzen eine Struktur, ein Zentrum.

Die Morcheltortelli in Sherrysauce sind klassisch und modern zugleich. Die Pasta hauchdünn, die Füllung elegant, die Sauce von sanfter Kraft. Danach ein Saiblingsfilet von der Fischzucht Birnbaum, unter einer Meerrettichkruste gegart, mit Kartoffelgnocchi und Tomaten-Estragon-Sauce. Das ist souverän, technisch einwandfrei, dabei nie verkopft. Der Abschluss: Erdbeercarpaccio mit Waldmeister-Gelee und Joghurt-Limetten-Eis. Fruchtig, herb, säurebetont. Ein feines Dessert, das Lust auf mehr macht. Was mir dabei besonders imponiert: Der Teller schaut aus wie ein Gemälde. Und dass diese Teller-Gemälde eine Art Mario-Gamba-Signatur sind, wird mir dann beim zweiten Besuch besonders klar.

Die vom Sommelier dazu ausgesuchten Weine sind erstklassig, passen zu jedem Gang. Der Abschluss, zum Dessert eine 2020er Kracher Beerenauslese Cuvée und dann noch eine rote Williamsbirne von Reisetbauer, verleihen dem Abend noch eine besondere Note. Dafür herzlichen Dank!

Sommer, leicht und vielschichtig

Juli. Sommer in München, die Terrasse des Acquarello ist gut besucht. Diesmal starten wir mit einem Gurken-Flusskrebs-Carpaccio, das von einem Savarin von Flusskrebsen, kleinen Tomaten, Vanillesauce und Gurkengelee begleitet wird. Eine mutige Kombination, die funktioniert. Dieses Mal erinnert mich der Teller sofort an das Dessert vom ersten Besuch. Die Gamba-Tellerkunst – oder: „pointilisme sur l’assiette“. Die gebratene Jakobsmuschel mit Auberginen-Miso, Ingwerchips und einer Wasabi-Meerrettich-Sauce bringt eine leichte Schärfe ins Spiel. Sie ist perfekt gegart, außen karamellisiert, innen glasig. Ein Gedicht.

Das Gazpacho ist ein Zwischengang, modern interpretiert, aromatisch klar. Ein eisgekühlter Gang für heiße Tage. Dabei gleichzeitig sehr dicht, fast wie eine Mayo von roten Paprikaschoten. Ein Gang, bei dem ich unbedingt das Rezept haben möchte, um selbst an heißen Sommertagen Gäste überraschen zu können. Danach ein Zitronensorbet als Erfrischung – geschmacklich klassisch wie ein Zitronensorbet eben schmecken muss. Keine besondere geschmackliche Überraschung. Und meiner persönlichen Meinung nach ein Gang, der nicht nötig wäre, da die Gazpacho schon die kühle und säuerliche Note gebracht hat.

Doch dann kommt der Hammer: Der Fleischgang ist eine Referenz an das an das Kalbsbries Rumohr vom grossen Eckart Witzigmann. Nicht unbedingt wegen des Geschmacks und der Zutaten, sondern insbesondere wegen des Aussehens. Dieser Gang stand nicht auf der Karte, sondern Mario Gamba hat ihn als Überraschung für mich serviert. Den genauen Namen dieses Gerichtes reiche ich noch nach. Als süßen Abschluss servierte mir der Sternekoch einen Salat aus Pfirsich, einem Yuzu-Pfirsich-Gelee und einem Mandel-Eis. Kühler Sommerabend, intensive Aromen, fein austarierte Süße. Auch dieser Abend endet mit dem Gefühl, dass hier jemand weiß, wie man Geschmack in Szene setzt.

Mario Gamba: Künstler, Handwerker, Gastgeber

Gamba hat einen ungewöhnlichen Weg hinter sich. Ursprünglich Dolmetscher, lernte er das Kochhandwerk bei Alain Chapel in Frankreich, bei Heinz Winkler im Tantris, beim „Tristan“ auf Mallorca. 1994 machte er sich mit dem Restaurant Acquarello in München selbstständig. Seither ist sein Restaurant ein Fixpunkt in der gehobenen Gastronomie.

Restaurant Acquarello München Mario Gamba

Sein Stil: mediterran, reduziert, konzentriert. „Cucina del Sole“ nennt er das selbst, eine Küche der Sonne. Doch Sonnenküche heißt nicht Verspieltheit. Sondern Klarheit, Intensität, Eleganz. Gamba denkt Gerichte vom Geschmack aus. Seine Teller wirken nie dekoriert, sondern gebaut.

Verlust des Sterns? Eine Momentaufnahme

Das Acquarello zählte zu den ältesten Sternerestaurants Münchens. Nur das Tantris gibt es noch länger. Im Guide Michelin 2025 taucht das Restaurant Acquarello nicht mehr unter den ausgezeichneten Häusern auf. Es ist ein Verlust, über den gesprochen wird. Doch Mario Gamba lässt sich davon nicht aus der Bahn werfen. „Ich werde weiterhin das Beste geben. Und weiterhin so kochen, wie ich es immer getan habe.“

Tatsächlich ist der Sternverlust nicht gleichbedeutend mit einem Qualitätsverlust. Im Gegenteil: Die Menüs, die wir probierten, zählen zu den feinsten italienisch geprägten Menüs, die derzeit in Deutschland serviert werden. Oder vielmehr: die Küche von Mario Gamba ist eine moderne Interpretation von italienischen Klassikern beeinflusst von der französischen Hochküche, modernen asiatischen Sprenkeln und regionalen Zutaten. Zahlreiche Kollegen, auch Sterneköche aus Frankreich und Italien, kommen regelmäßig ins Acquarello. Ihre Einschätzung ist eindeutig: Gamba gehört nach wie vor zur Spitze. Und wenn man so manchen anderen Medien Glauben darf, dann sind hier auch immer wieder weltbekannte Stars und Prominente anzutreffen.

Gamba ist berühmt für seine kulinarische Beständigkeit, die er seit 30 Jahren im Restaurant Acquarello pflegt. Er hat als erster Koch das italienische Fine Dining in Deutschland etabliert. Laut Gault Millau gehört das Acquarello zu den „100 besten Restaurants der Welt“. Bei dem Ranking der „50 Top Italy“ eroberte er 2024 in Mailand den 12. Platz weltweit und erhielt gleichzeitig die Auszeichnung als bestes italienisches Restaurant Deutschlands. Seine „Cucina del Sole“ ist eine einzigartige Fusion von klassischen und kreativen Elementen sowie seinem künstlerischen Feinsinn, der seine Gerichte in wahre Kunstwerke verwandelt. Mario Gambas Küche ist die perfekte Liaison zeitgenössischer Menüs mit traditionellen Einflüssen.

Ein Ort, der bleibt

Das Restaurant Acquarello ist ein Restaurant, das seine eigene Zeitrechnung kennt. Das Interieur mit seinen knallblauen Wandgemälden, den antiken Stühlen, den Designerlampen ist vielleicht nicht auf dem allerneuesten Stand. Aber es passt. Es ist ein Klassiker. Und er wirkt wie eine ruhige Insel in der schnelllebigen Welt der Gastronomie.

Etwa 60 Gäste finden Platz im Inneren, weitere 40 auf der Terrasse. Der Service ist aufmerksam, professionell, herzlich. Die Menüs kosten zwischen 85 Euro (mittags, 3 Gänge) und 169 Euro (abends, 5 Gänge). Die Weinbegleitung ist klug zusammengestellt, mit Rücksicht auf Aromatik und Struktur der Gerichte.

Restaurant Acquarello München, Mario Gamba, Götz A. Primke

Fazit: Mehr als ein Stern

Das Restaurant Acquarello bleibt auch 2025 ein Fixpunkt für alle, die große italienische Küche schätzen. Mario Gamba hat eine Küche entwickelt, die ohne Effekthascherei auskommt, die auf Klarheit, Kunstwerk, Intensität und Handwerk setzt. Seine Gerichte bleiben im Gedächtnis, sie sind wie Aquarelle großer Maler, seine Handschrift ist unverwechselbar. Der Sternverlust mag ein Thema sein. Waren die Michelin-Tester gelangweilt aufgrund der Konstanz, des perfekten Stils von Mario Gamba – oder sind Tohru und Jan jetzt die Leitlinie? Mario Gamba bleibt großartig und seinem Stil treu. Der Sternverlust ändert nichts an der Qualität dieses Hauses.

Wer Italien liebt, mediterrane Küche in Bestform sucht und dabei auf Grandezza, Können und Kontinuität setzt, ist hier richtig. Das Restaurant Acquarello ist nicht gefallen. Es hat sich nur neu justiert. Und bleibt: ein leuchtender Ort für Genießer. Wir kommen gerne wieder zum besten Italiener Deutschlands.


Mein ganz herzlicher Dank geht raus an Mario Gamba sowie an das ganze Team des Restaurant Acquarello für diese wunderbare Bewirtung. Hier wird Gastfreundschaft richtig verstanden. 

Disclosure: Dieser Beitrag erschien in abgewandelter Kurzform im Magazin „Mein München Genuss“ aus dem Ippen Verlag, zu dem ich mehrere Artikel beigesteuert habe. 


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