Die Luft ist frisch. Die Hügel liegen still. Nur ein paar Wolken schieben sich über den Lago d’Iseo. Eine Stunde von Mailand entfernt beginnt ein Landstrich, der sich gerne als Italiens Antwort auf Champagner versteht: Franciacorta. Ein DOCG-Schaumwein, streng reguliert, hoch positioniert – und mit einem Ruf, der weit über Italiens Grenzen hinaus reicht.
Region und Strada del Vino Franciacorta
Franciacorta ist kein einzelner Ort, sondern ein Gebiet – 19 Gemeinden in der Provinz Brescia, eingebettet zwischen dem Iseo-See im Norden und der Stadt Brescia im Süden. Schon im 11. Jahrhundert lebten hier Cluniazenser Mönche in steuerfreien „curtes francae“ – Höfen, die dem Gebiet vermutlich seinen Namen gaben. Weinbau gibt es hier seit Jahrhunderten, doch die moderne Geschichte beginnt 1961, als elf Winzer auf insgesamt 29 Hektar den „Pinot di Franciacorta“ produzierten. Heute sind es mehr als 100 Kellereien, die auf 2.800 Hektar DOCG-Wein anbauen.

Franciacorta ist auch ein Wein, ein Schaumwein, also ein Spumante. Das Selbstbewusstsein der Winzer ist groß: Seit 1995 steht „Franciacorta“ allein auf dem Etikett – kein Zusatz „Schaumwein“ oder „Spumante“. Ein einziger Name soll Herkunft, Methode und Stil verkörpern. Wer hier produziert, verpflichtet sich zur „Metodo Classico“, also der Flaschengärung nach streng reglementierten Vorgaben. Das Franciacorta Konsortium und alle seine Mitglieder setzen ausschliesslich edle Rebsorten, handgelesene Trauen, natürliche Zweitgärung in der Flasche sowie lange Reifung und Ausbau auf der Hefe ein.
Franciacorta umfasst rund 3.000 Hektar Rebfläche in 19 Gemeinden der Provinz Brescia. Chardonnay ist die dominierende Rebsorte, gefolgt von Pinot Noir und etwas Pinot Bianco. Die Weine entstehen ausschließlich nach der „Metodo Classico“ – der traditionellen Flaschengärung – mit klaren Reifevorgaben:
- Non-Vintage: mindestens 18 Monate auf der Hefe
- Vintage / Millesimato: mindestens 30 Monate
- Riserva: mindestens 60 Monate
Die Strada del Vino Franciacorta verknüpft die wichtigsten Weingüter, gastronomische Betriebe und kulturellen Orte der Region. Sie ist mehr als nur eine touristische Route – sie ist eine strategische Vermarktungsachse, die jährlich tausende Besucher anzieht und direkt den Absatz vor Ort stärkt.
Von Mailand und vom Gardasee aus ist die Franciacorta mit dem Lago d’iseo nur einen Katzensprung entfernt und lohnt sich auf jeden Fall für einen Tagesausflug. Das wertvolle Kultur-, Geschichts- und Naturerbe dieser Gegend liegt in einem herrlichen grünen Rahmen, entlang der sanften Hänge der uralten Hügel muränischne Ursprungs. Dies alles macht die Franciacorta zu einem Gebiet, das entdeckt, erschmeckt und erlebt werden will. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft kommen hier aufs Feinste zusammen – wer sich auf seine Einzigartigkeit einlässt, wird fasziniert und verzaubert.

Cappuccini Resort: Kloster und Komfort
Unsere Basis für diese Tage ist das Hotel de Charme Cappuccini in Cologne – ein ehemaliges Kloster, das heute als stilvolles Boutique-Hotel mit Spa geführt wird. Natursteinmauern, Kreuzgänge, verwinkelte Gänge, dann wieder offene, lichtdurchflutete Räume.

Das Zimmer ist durchschnittlich groß, spartanisch-elegant, sehr beige-weiß, mit Blick auf den Park. Am Morgen weckt uns der Duft von Espresso und frischem Gebäck; vor dem Frühstück bietet der Park Gelegenheit für eine Runde Trail Running – sportlich, aber mit Aussicht. Ideal, um den Franciacorta vom Vorabend auszuschwitzen.
Eigentlich ein sehr angenehmes Haus, auch wenn das Badezimmer im Vergleich mit anderen Hotels dieser Kategorie etwas zu wünschen übrig lässt.

Das Haus ist nicht nur Unterkunft, sondern ein Ruhepol. Wer hier ankommt, lässt den Trubel von Brescia oder Mailand hinter sich und taucht ein in eine ruhigere Welt – genau das, was Weintouristen suchen. Das Restaurant Le Rondinelle serviert regionale Küche auf hohem Niveau, begleitet von einer Weinkarte, die nahezu alle wichtigen Franciacorta-Produzenten abdeckt.

Allerdings habe ich hier eine Erfahrung gemacht, die ich bisher noch in keinem einzigen Hotel dieser Welt machen durfte – und hoffentlich auch nicht wieder haben werde. Die Zimmerdamen haben zwar mein Bett ordentlich gemacht, das Zimmer sehr sauber geputzt. Allerdings fand ich am Nachmittag, als ich vom Ausflug zurück kam, meinen Pyjama vom Bett, wo ich ihn hingelegt hatte, auf den Sessel geworfen, ja geradezu geschmissen. Ein unschöner Eindruck.

Die Räumlichkeiten für größere Events sind auf jeden Fall vorhanden. Auch wir bekommen hier ein Dinner:



Der Standort ist strategisch ideal: in 15 Minuten zu Bellavista, in 20 Minuten zu Il Mosnel, und auch der Lago d’Iseo liegt nur eine kurze Fahrt entfernt.

Das Besondere am Franciacorta-Schaumwein
Die Weine hier basieren auf Chardonnay, Pinot Nero und etwas Pinot Bianco. Satèn, eine Spezialität der Region, ist ausschließlich aus weißen Trauben gemacht, mit einem niedrigeren Flaschendruck, was ihn weicher wirken lässt. Rosé erfordert mindestens 25 % Pinot Nero. Die Reifezeiten sind festgelegt: mindestens 18 Monate für Non-Vintage, 30 Monate für Jahrgangsweine, 60 Monate für Riserva.
Technisch unterscheidet sich die Herstellung nicht von der Champagne oder TrentoDOC – der Unterschied liegt im Terroir: Moränenböden, mildes Klima, und die Nähe zum Iseo-See. Das Ergebnis ist oft etwas wärmer, reifer in der Frucht, weniger straff in der Säure.
Das Selbstverständnis der Region ist klar: gleichwertig mit Champagner, im gleichen Preissegment. Die Produktionsmethode ist identisch – Flaschengärung, langes Hefelager, strenge Ertragskontrolle. Unterschiede liegen vor allem im Terroir: Franciacorta hat moränengeprägte Böden und ein wärmeres Klima, was tendenziell zu weicheren, reiferen Grundweinen führt. Champagner bringt durch kühleres Klima oft mehr Säurespannung, TrentoDOC – aus den Dolomiten – liegt geschmacklich näher an der französischen Vorlage.
Der Markt sieht es differenziert: Während Champagner in der globalen Wahrnehmung das Synonym für Premium-Schaumwein bleibt, ist Franciacorta vor allem in Italien und ausgewählten Exportmärkten stark. TrentoDOC gewinnt international an Profil, gilt dabei oft als dynamischer und frischer. Doch wir wollten es genauer wissen. Was ist das Besondere am Franciacorta?
Franciacorta: Die Typologien
Franciacorta
Der Franciacorta wird mit Chardonnay und/oder Pinot Nero Trauben hergestellt. Auch Pinot Bianco bis zu einem Höchstanteil von 50% der Trauben ist zugelassen. Der Wein hat eine strohgelbe Farbe mit goldgelben Reflexen, feine und langanhaltende Perlage, das für Flaschengärung typische Bouquet, mit Anklängen an Brotkruste und Hefe, angereichert durch feine Zitrusfrucht- und Trockenobstnoten (Mandel, Haselnuss, Trockenfeige). Würzig, frisch, fein und harmonisch.
Franciacorta Saten
Die Marke „Satèn“ wurde 1995 registriert. Mit der Revision seines Auflagenverzeichnisses entscheidet sich das Konsortium 2008 diese Marke an die Bezeichnung weiterzugeben. Ab diesem Moment können alle Franciacorta-Hersteller, auch solche, die nicht zum Konsortium gehören, diesen Typ herstellen.
Bei den Trauben ist der Einsatz von weißem Chardonnay und höchstens 50% Pinot Bianco vorgesehen. Der Satèn unterscheidet sich durch einen geringeren Flaschendruck von allen anderen Franciacorta-Weinen. Er bekommt dadurch einzigartige und unverwechselbare Eigenschaften, wie eine äußerst feine und anhaltende, fast cremige Perlage, strohgelbe, auch intensive Farbe mit grünlichen Tönungen, nuancierter aber auch entschiedener Duft reifer Früchte, begleitet von feinen Noten weißer Blüten und geröstetem Trockenobst (Mandel und Haselnuss).
Am Gaumen harmonieren angenehme Würze und Frische mit einer natürlichen Weichheit, die an Seide erinnert. Der Satèn drückt die harmonische und angenehme Geschmacksfreude des Franciacorta auf beste Weise aus.
Franciacorta Rosé
Die eingesetzten Pinot Nero Trauben gären so lange auf den Schalen, bis der Wein die gewünschte Farbe erreicht hat. Franciacorta Rosé wird mit reinsortigem Basiswein aus rosafarben ausgebautem Pinot Nero hergestellt, wobei der Anteil von Pinot Nero nicht weniger als 25% betragen darf. Viele Kellereien der Franciacorta verwenden einen höheren Anteil an Pinot Nero, teilweise werden bis zu 100% reinsortig erreicht. Über die sortentypischen Aromen hinaus verleiht der Pinot Nero diesem Franciacorta Köper und besondere Kraft.
Franciacorta Millesimato
Das Wort „millesimo“ weist auf einen mit einem einzigen Jahrgang hergestellten Wein hin. Er wird nur dann produziert, wenn ein Jahrgang von besonders guter Qualität ist und ein längerer Ausbau, bis zu 37 Monate nach der Ernte, ihn noch verfeinern kann. Die Franciacorta Jahrgangsweine (millesimati) haben eine ganz besondere Geschmacks- und Empfindungsintensität, sie spiegeln die klimatischen Eigenschaften des Jahrgangs und die besonderen Qualitäten der Trauben des jeweiligen Jahrgangs wider.
Franciacorta Riserva
Bei Franciacorta Riserva handelt es sich um besonders hochwertige Millesimati, die mehrere Jahre auf der Hefe verbleiben, um die Qualität ihrer Aroma- und Gwschmackseigenschaften voll ausschöpfen zu können. In den Produktionsvorschriften sind mindestens fünf vorgesehen: Franciacorta Riserva kommen frühestens 67 Monate (fünfeinhalb Jahre) nach der Lese in den Handel.
Drei Weingüter im Vergleich: Drei Handschriften, drei Philosophien








Bellavista: Präzision, Größe, Distanz
Unser erster Termin führt uns zu Bellavista, einem der bekanntesten Namen der Region. Gegründet Ende der 1970er Jahre von Vittorio Moretti, hat sich das Haus zu einem Produktionsgiganten entwickelt: Heute verfügt das Haus über etwa 198 Hektar eigene Weinberge in zehn Gemeinden – unterteilt in 147 Einzellagen. Chardonnay macht rund 80 % der Anpflanzungen aus, Pinot Noir ca. 15 %, Pinot Bianco die restlichen 5 %. Rund eine Million Flaschen der „Alma Brut“ verlassen jährlich die Kellerei, insgesamt etwa 1,5 Millionen Flaschen pro Jahr, verteilt auf Märkte in Italien, USA, Japan, Deutschland, Schweiz, Norwegen und Belgien, wachsende Märkte liegen in Russland, Australien und Südamerika. Der Name Bellavista kommt nicht von ungefähr – von hier oben reicht der Blick bis zum Monte Rosa.
Ein Drittel der Grundweine wird in kleinen 228-Liter-Barriques ausgebaut, um Struktur und Komplexität zu erhöhen. Die Alma Gran Cuvée ist das Flaggschiff – technisch perfekt, mit feiner Perlage, Zitrusnoten, dezenter Brioche-Note. Doch bei aller Präzision wirkt die Weinansprache eher generisch.


Bereits das Entrée von Bellavista zeigt an, dass wir hier bei einem Big Player sind. Hier ist Platz für mehrere Busgruppen gleichzeitig. Die Führung läuft effizient, fast routiniert. Die Gruppe zieht zügig durch Keller und Verkostungsraum. Alles sitzt – nur Persönlichkeit und Nähe fehlen. Im Vergleich zu kleinen Produzenten fühlt es sich an wie eine sauber organisierte Werksbesichtigung – eindrucksvoll, aber distanziert. Industrielle Massenabfertigung.
Die Kellerei ist makellos, der Verkostungsraum stilvoll, die Präsentation professionell. Wir probieren mehrere Cuvées – Blanc de Blancs, Rosé, Satèn. Die Perlage ist fein, die Aromen sauber, die Textur cremig. Handwerklich makellos, ohne Frage. Und doch – im direkten Vergleich zu Champagner fehlt mir eine Spur an Tiefe, an Spannung im Glas. Alles ist harmonisch, perfekt ausbalanciert – vielleicht zu langweilig perfekt.

Il Mosnel: Picknick im Weinberg
Der zweite Tag beginnt bei Il Mosnel in Camignone. Schon die Anfahrt wirkt anders als zu Bellavista: keine repräsentative Zufahrt mit strenger Geometrie, sondern ein Hof, in dem die historischen Gebäude eng um einen Innenhof gruppiert sind.

Das historische Weingut, dessen Gebäude aus dem 16. Jahrhundert stammen, ist seit 1836 im Besitz der Familie Barboglio und wird heute von Giulio und Lucia Barzanò in fünfter Generation geführt. Die Rebfläche umfasst rund 40 Hektar, überwiegend Chardonnay, ergänzt durch Pinot Bianco und etwas Pinot Nero. Bio-zertifiziert, mit Erträgen um die 8.000 Kilogramm pro Hektar, arbeitet man hier mit einem hohen Anteil an Handlese und schonender Pressung.
Die Weine von Il Mosnel wirken zurückhaltender, straffer, mineralischer als bei Bellavista. Besonders der Satèn aus 100 % Chardonnay fällt durch seine feine Textur und seine dezente Dosage auf. Zielgruppe sind weniger die Luxushotels und Exportmärkte, sondern vor allem Weinliebhaber, die ein authentisches, terroirgeprägtes Produkt suchen. Zwar exportiert Il Mosnel auch nach Deutschland, die Schweiz und Japan, doch etwa zwei Drittel der Produktion bleiben in Italien, vor allem in der gehobenen Gastronomie Norditaliens.





Die Vermarktung ist persönlicher, die Führungen sind individuell, oft mit den Eigentümern selbst – ein Kontrast zur routinierten Gruppenabfertigung bei Bellavista. Und die Bewirtung ist deutlich sympathischer, Platten mit Schinken, Salami und Käse und ein klassisches Risotto. Merci dafür!

La Montina: Kunst und Keller
Am nächsten Tag führt der Weg nach Monticelli Brusati zu La Montina. 1987 gegründet, ist das Weingut mit rund 72 Hektar Rebfläche einer der größeren unabhängigen Produzenten der Region. Die Sortenverteilung ähnelt der der Region: etwa 85 % Chardonnay, 10 % Pinot Nero, der Rest Pinot Bianco.

La Montina produziert jährlich um die 380.000 Flaschen, verkauft in über 40 Länder und ist besonders stark in Osteuropa, Skandinavien und im eigenen Eventgeschäft vor Ort. Die Weine sind deutlich fruchtbetonter und oft mit einer höheren Dosage ausgestattet, was sie für ein Publikum interessant macht, das einen zugänglicheren, weicheren Stil bevorzugt.
Die Kellerführung ist ausführlich, mit einem deutlichen Fokus auf die eigene Geschichte. Man betont die Verbindung zur Familie Bozza, die schon vor der Gründung von La Montina im Weinbau tätig war. Die Verkostung ist großzügig, wir probieren mehrere Cuvées und Jahrgänge.







La Montina positioniert sich als Event- und Genussmarke: Hochzeiten, Firmenfeiern, Kulturveranstaltungen – der Weintourismus ist hier Teil des Geschäftsmodells.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Franciacorta hat viel zu bieten – Landschaft, Kultur, Gastronomie, Gastfreundschaft. Die Weine sind handwerklich tadellos, elegant, oft zugänglich. Doch wer regelmäßig Champagner trinkt oder TrentoDOC probiert, wird merken: die Spannung, die mineralische Tiefe, die kühle Präzision – sie sind hier seltener. Franciacorta schmeckt gut, keine Frage. Aber er schmeckt fast immer gleich gut. Und genau das könnte sein größtes Handicap sein.
Bellavista ist der industrielle Primus: große Flächen, hohe Produktion, perfektionierte Prozesse, starker Exportanteil. Die Weine sind technisch brillant, aber geschmacklich oft stromlinienförmig. Die Zielgruppe sind Luxushotels, große Händler und internationale Märkte, wo der Name allein schon eine Marke ist. Der Nachteil: weniger individuelle Note, wenig Raum für Experimente.
Il Mosnel ist das Gegenteil: kleiner, persönlicher, stark terroirorientiert. Die Weine zeigen mehr mineralische Frische und eine präzisere Handschrift, vor allem im Satèn und im Pas Dosé. Die Zielgruppe sind Kenner und Weinliebhaber, die Authentizität schätzen. Der Export ist vorhanden, aber selektiv, der italienische Markt – besonders die gehobene Gastronomie – bleibt der Schwerpunkt.
La Montina liegt dazwischen: größer als Il Mosnel, aber nicht so groß wie Bellavista. Die Weine sind zugänglicher, oft fruchtiger und runder, was sie für ein breiteres Publikum attraktiv macht. Der Fokus auf Events und Weintourismus sorgt für zusätzliche Einnahmen und Markenbindung. Geschmacklich fehlen manchmal die Tiefe und Komplexität von Il Mosnel, dafür punkten sie in der Konsistenz und im Marketing.
Alle drei besuchten Weingüter – Bellavista, Il Mosnel, La Montina – arbeiten nach den strengen DOCG-Regeln, setzen auf Handlese, Flaschengärung, lange Hefelagerung. Bellavista ist der große Player mit internationaler Strahlkraft, Il Mosnel wirkt persönlicher und terroirverbundener, La Montina kombiniert Wein mit Kulturangeboten. Qualitativ liegen sie dicht beieinander, Bellavista dominiert die Markenwahrnehmung – aber der Wein, so makellos er ist, wirkt manchmal wie ein perfekt komponiertes Bild ohne überraschende Details.

Cascina La Benedetta: Käse mit Charakter
Wir wechseln den Fokus: Von der Flasche zum frischen Käse. Die Cascina La Benedetta in Moie di Sotto ist ein Familienbetrieb, der vor allem Mozzarella und Burrata in traditioneller Handarbeit herstellt. Cristina, die Chefin erklärt uns alles und zeigt uns die Lagerräume. Die Produktion ist klein, limitiert durch die Menge an Milch, die täglich von Kühen aus der Region geliefert wird.

Es gibt keinen nennenswerten Export, verkauft wird direkt im Hofladen, auf lokalen Märkten und an wenige ausgewählte Restaurants.






Im Garten hat Cristina alles bereit gestellt, sie zeigt uns, wie Mozzarella hergestellt wird. Wir stehen um sie herum, sehen, wie die noch heiße Käsemasse gezogen und geknetet wird, bis sie die elastische, seidige Textur hat, die ein guter Mozzarella braucht. Als wir die von ihr frisch hergestellten Mini-Mozzarella-Kügelchen probieren, ist klar: so etwas übersteht keinen Transport – das schmeckt nur hier, direkt nach der Herstellung.
Monte Orfano: Kloster der Annunciata
Am späten Nachmittag fahren wir hinauf zum Kloster der Annunciata auf dem Monte Orfano. Gegründet im 15. Jahrhundert, thront es über der Ebene. Die Kreuzgänge sind still, von den Mauern blickt man weit über die Reben. In den Kirchenräumen leuchtet ein Fresko von Girolamo Romanino – eine „Verkündigung“ aus dem 16. Jahrhundert. Hier wird deutlich, wie sehr Religion, Kultur und Landwirtschaft seit Jahrhunderten miteinander verflochten sind.

Castello in Passirano: Steinerne Geschichte
Später geht es zum Castello Fassati in Passirano – ein massiver Bau, teils mittelalterlich, teils später ergänzt. Die Fassade wirkt wehrhaft, die Mauern erzählen von Jahrhunderten, in denen das Land immer wieder umkämpft war. Heute ist es Teil des touristischen Erbes, ein stiller Zeuge, der den Glamour moderner Weine erdet.






Ursprünglich als Festung gegen Angriffe errichtet, dient es heute als Ort für Veranstaltungen. Die Lage mitten in den Weinbergen macht es zu einem markanten Symbol der Region, oft genutzt als Motiv in der Weinfotografie.


Ein kurzer Abstecher führt uns auch auf die Antica Strada Valeriana, einen historischen Handelsweg, der einst Brescia mit dem Val Camonica verband. Heute nutzen Wanderer und Radfahrer den Pfad, der in Abschnitten durch Weinberge und Olivenhaine verläuft. Für die Region ist er ein Bindeglied zwischen Wein, Kultur und Landschaft – und damit ein ideales Marketinginstrument für einen nachhaltigen Tourismus.

Iseo und der Lago d’Iseo: See, Geschichte und Bilanz
Am dritten Tag führt uns die Route nach Iseo. Die Altstadt ist kompakt, mit engen Gassen, kleinen Plätzen, Cafés.




Die Chiesa di Santa Maria del Mercato stammt aus dem 13. Jahrhundert und überrascht mit Freskenfragmenten und einer ruhigen Atmosphäre. Fresken aus verschiedenen Epochen erzählen biblische Geschichten, das Innere wirkt schlicht, fast intim – ein Kontrast zu den prunkvollen Kirchen Norditaliens.

Der See selbst – 25 Kilometer lang, 65 Quadratkilometer groß – ist weniger touristisch überlaufen als der Gardasee, aber landschaftlich ebenso reizvoll. Fähren verbinden die Ufer, man kann wandern, radeln, segeln. Auf Monte Isola, der größten Binneninsel Europas, scheint die Zeit langsamer zu laufen.

Der Lago d’Iseo liegt still an diesem Morgen, nur ein paar Boote ziehen sanfte Linien ins Wasser. Er ist der viertgrößte See der Lombardei, deutlich weniger touristisch überlaufen als der Gardasee oder der Comer See.

Das macht ihn für Besucher interessant, die Ruhe und Authentizität suchen. Umgeben von Weinbergen, Olivenhainen und kleinen Ortschaften, ist er ein perfekter Ausgangspunkt für Wanderungen, Bootsfahrten oder Radtouren. In den letzten Jahren hat der See auch durch Kunstaktionen wie Christos „The Floating Piers“ internationale Aufmerksamkeit bekommen.

Monastero di San Pietro in Lamosa
Etwas außerhalb, in Provaglio d’Iseo, liegt das Monastero di San Pietro in Lamosa. Das ehemalige Kloster wurde um das Jahr 1000 von Benediktinermönchen gegründet und diente über Jahrhunderte als geistiges und wirtschaftliches Zentrum der Region.









Heute ist es ein Kulturzentrum und Veranstaltungsort, die romanische Architektur und die Fresken sind gut erhalten. Von hier blickt man auf die Torbiere del Sebino, ein Feuchtgebiet, das zu den wichtigsten Naturschutzgebieten Norditaliens zählt.

Fazit
Franciacorta präsentiert sich gerne als das italienische Pendant zu Champagner – und hat zweifellos eine beeindruckende Produktqualität. Doch der Vergleich zeigt Unterschiede: weniger Säurespannung, wärmeres Aromaprofil, oft weicher und runder. Im direkten Wettbewerb mit TrentoDOC, das durch sein kühleres Klima mehr Frische bietet, wirkt Franciacorta in manchen Segmenten schwerer und weniger filigran.
Wer eine makellose Markenpräsentation sucht, findet sie bei Bellavista. Wer terroirgeprägte Präzision und persönliche Ansprache schätzt, wird bei Il Mosnel glücklich. Und wer ein weicheres, gefälligeres Profil mit Event-Atmosphäre bevorzugt, ist bei La Montina gut aufgehoben.
Disclosure: Wir verbrachten eine kurze, doch unvergesslich schönen Zeit in der Franciacorta. Wir danken für die Einladung, ohne die dieser Artikel nicht möglich gewesen wäre. Dennoch bleibt unsere Meinung nicht käuflich. Destinationen, Hotels und Restaurants überzeugen und begeistern mit ihrer Leistung. Dafür nochmals herzlichen Dank!