Ein lauer Abend, Genießer, Foodjournalisten und Kulinarik-Experten im stilvollen Ambiente des Bogenhauser Hofs in München. Eingeladen hatte Stefania Lettini – Feinkosthändlerin, Italien-Expertin und offizielle Botschafterin des Aceto Balsamico di Modena g.g.A. Im Rahmen eines exklusiven After-Work-Events nahm sie die Gäste mit auf eine sensorische Entdeckungsreise in die Welt des echten, zertifizierten Balsamessigs aus Modena.
Die Botschaft des Abends war klar: Aceto Balsamico ist nicht gleich Aceto Balsamico. Es gibt gravierende Unterschiede – sowohl in der Herstellung, im Geschmack als auch im Preis. Und das wurde bei dieser Degustation nicht nur erzählt, sondern geschmeckt.

Vom römischen Würzmittel zum weltweiten Exportschlager
Die Geschichte des Aceto Balsamico di Modena reicht bis in die Antike zurück. Schon in der römischen Küche war gekochter Traubenmost ein beliebtes Würzmittel. Der Dichter Vergil erwähnt die Verwendung zu medizinischen Zwecken. Die eigentliche Geburtsstunde des modernen Balsamessigs jedoch liegt im Mittelalter – am Hofe der Familie Este in Modena. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts verwendete Lucrezia Borgia, Ehefrau des Herzogs von Modena, Alfonso I. d‘Este, zur Geburt ihres ersten Kindes den Balsamessig als Elixier während der Entbindung. Seitdem hat sich der „schwarze Essig“ zum kulinarischen Kulturgut entwickelt.
Das Adjektiv „balsamisch“ taucht zum ersten Mal im Jahr 1747 in einem historischen Register auf. Größere Aufmerksamkeit und internationale Bekanntheit erlangte der Balsamessig aus Modena jedoch im Jahr 1800, als er zu einem wichtigen Protagonisten bei verschiedenen Messen in Genua, Florenz und Brüssel wurde.
Heute ist der Aceto Balsamico di Modena g.g.A. in über 120 Ländern erhältlich, 92 % der Produktion wird exportiert. Mit einem Jahresumsatz von rund 400 Millionen Euro zählt er zu den wertvollsten geschützten Agrarprodukten Italiens.

Qualität, die man schmeckt: So entsteht echter Aceto Balsamico di Modena
Der geschützte Aceto Balsamico di Modena g.g.A. darf ausschließlich in den Provinzen Modena und Reggio Emilia hergestellt werden – und das nach strengen Regeln. Die Basis sind ausgewählte Rebsorten wie Lambrusco, Sangiovese, Trebbiano, Albana, Ancellotta, Fortana und Montuni. Gekochter oder konzentrierter Traubenmost wird mit mindestens 10 % gereiftem Weinessig versetzt. Die Essigsäuregärung erfolgt traditionell, die Reifung in Fässern aus Edelholz – etwa Kastanie, Eiche oder Maulbeere.
Zu Beginn des Herstellungsprozesses wird dem Traubenmost mindestens zehn Prozent Weinessig zugesetzt, von dem ein Teil mindestens zehn Jahre gereift sein muss. Der Mindestanteil des Traubenmostes muss bei 20 Prozent der Gesamtmenge des zu verarbeitenden Produkts liegen. Die Konzentration wird so lange fortgesetzt, bis die ursprüngliche Masse des Mostes eine Dichte von mindestens 1,240 bei einer Temperatur von 20 °C erreicht.
Die Moste – nur die gekochten und konzentrierten – müssen nicht nur von den oben genannten Rebsorten stammen, sondern auch einen Gesamtsäuregehalt von mindestens acht Gramm pro Kilogramm und ein Nettotrockenextrakt von mindestens 55 Gramm pro Kilogramm aufweisen. Die Verarbeitung des Balsamessigs aus Modena erfolgt mit der traditionellen Methode der Essigsäuregärung durch den Einsatz ausgewählter Bakterienkulturen, entweder mit der „lenta in superficie“-Methode (langsame Oberflächenbehandlung – Orléans-Verfahren) oder der „lenta a truciolo“-Methode (langsame Holzspanbehandlung – Spanbildner-Verfahren).
Danach folgt die Reifungsphase. Sowohl die Essigsäurebildung als auch die Reifung erfolgen in Fässern aus Edelhölzern wie Traubeneiche, Kastanie, Eiche, Maulbeere und Wacholder. Die Reifezeit beträgt mindestens 60 Tage ab dem Zeitpunkt, an dem die im richtigen Verhältnis gemischten Rohstoffe zur Weiterverarbeitung zusammengefügt werden.
Am Ende der Reifezeit wird das fertige Produkt von einer Gruppe erfahrener Techniker und Verkoster analytisch und sensorisch geprüft: Nur wenn diese Prüfungen erfolgreich verlaufen, wird das Produkt als „Aceto Balsamico di Modena g.g.A.“ zertifiziert.
Die Provinzen Modena und Reggio Emilia zeichnen sich durch ihr halbkontinentales Klima aus. Das bedeutet kalte Winter, warme Sommer und eine durch das nahe gelegene adriatische Meer gemäßigte Wetterlage. All diese Faktoren beeinflussen die Reifung und Alterung des Balsamessigs aus Modena.
Der Clou: Die Mindestlagerzeit beträgt 60 Tage. Für die Premium-Variante „Aceto Balsamico di Modena Invecchiato“ sind es mindestens drei Jahre. Je länger der Reifeprozess, desto komplexer die Aromen und desto dichter die Textur.
Billiger Supermarkt-Balsamico vs. echter Aceto Balsamico di Modena
Wer beim Einkauf achtet, bemerkt schnell: Es gibt gewaltige Unterschiede. Der günstige „Balsamico-Essig“ im Supermarktregal ist meist ein Mix aus einfachem Essig, Zucker und Farbstoff – häufig ohne Reifung, dafür mit industrieller Aromatisierung.
Der echte Aceto Balsamico di Modena g.g.A. hingegen ist ein Naturprodukt ohne Zusätze, das Zeit, Wissen und Geduld erfordert. Der Geschmack: komplex, süß-säuerlich, rund, mit holzigen, fruchtigen und balsamischen Noten. Ein Produkt für alle Sinne – und jede Küche.

Verkostung mit Stefania Lettini: Ein Erlebnis für Gaumen und Geist
Beim Experten-Dinner mit Stefania Lettini im Bogenhauser Hof drehte sich alles um den authentischen Genuss. Von jungem Balsamico mit spritziger Säure bis hin zu gereiften Varianten mit beinahe sirupartiger Konsistenz reichte die sensorische Bandbreite.

Besonders spannend: Die Kombination mit verschiedenen Käsesorten wie Parmigiano Reggiano oder Blauschimmel, das Spiel mit Texturen und Temperaturen. Stefania demonstrierte, wie der Balsamico Gerichte abrundet – nicht überdeckt. Ihre Mission: zeigen, wie „ein kleines Plus an Geschmack“ einen großen Unterschied macht.

Die Vielseitigkeit des Aceto Balsamico: Käse, Desserts, Cocktails
Der Einsatzbereich des Aceto Balsamico di Modena ist nahezu grenzenlos. Klassiker wie Rinder-Carpaccio oder Erdbeeren mit Balsamico kennt jeder. Aber hast du schon mal…
- …gereiften Balsamico auf Vanilleeis probiert?
- …ihn mit Gin oder Prosecco zum Aperitif gemixt?
- …einen Tropfen in die Bratensauce gegeben, um die Umami-Note zu intensivieren?

Auch zu Fisch, Tortellini, Vinaigrettes, Gemüse oder sogar in Schokoladendesserts: Der Aceto Balsamico ist ein geschmacklicher Alleskönner. Und vor allem eines: ein Statement für bewussten Genuss.

Bei der Verbindung mit anderen Zutaten ist er sehr vielseitig: Die vielleicht verbreitetste Paarung ist die mit einem anderen Klassiker der italienischen Küche, dem Hartkäse Parmigiano Reggiano g.U., sowie anderen gereiften Käsesorten. Er passt aber auch sehr gut zu Fisch – von Kabeljau über Lachs bis hin zu Süßwasserfischen. Auch Tortellini und frische Pasta kommen mit Balsamessig aus Modena hervorragend zur Geltung, genauso wie Fleisch, Soßen und Vinaigrettes sowie rohes und gekochtes Gemüse. Und schließlich harmoniert er auch hervorragend mit Obst und Desserts.

Orientierung im Regal: Das „Consortium Profile“ hilft beim Einkauf
Weil die Vielfalt der Balsamicos groß ist, bietet das Konsortium zum Schutz des Aceto Balsamico di Modena g.g.A. eine wertvolle Einkaufshilfe: das sogenannte Consortium Profile. Diese sensorische Typisierung gibt Auskunft über Textur, Säure, Süße und Reifung – schnell erkennbar durch Symbole und Farbskalen auf der Verpackung.
So findet jeder Genießer das passende Produkt – ob leicht und frisch für Salate oder gereift und vollmundig für edle Speisen und besondere Anlässe.

Balsamessig aus Modena hat eine intensiv braune und leuchtende Farbe, einen bittersüßen und ausgewogenen Geschmack und ein leicht essigartiges, delikates und langanhaltendes Aroma und mit holzigen Untertönen.
Erhältlich sind heute zwei Varianten, die sich durch ihre Reifezeit unterscheiden: Ist die Reifezeit kürzer als drei Jahre (mit einem Minimum von 60 Tagen), wird der Balsamessig einfach „Aceto Balsamico di Modena“ genannt. Ist die Reifezeit hingegen länger als drei Jahre, erhält er die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena Invecchiato“. .
In der Küche verfeinert der Balsamessig aus Modena sowohl schnelle Alltagsgerichte als auch gehobene und raffinierte Rezepte. Seine Stärke liegt darin, die einzelnen Komponenten eines Gerichts auszubalancieren und so zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen.

Das Konsortium: Hüter des echten Geschmacks
Seit 1993 schützt das Konsortium mit Sitz in Modena die Authentizität des Balsamico di Modena g.g.A. Es kämpft gegen Fälschungen, kontrolliert die Produktionsstandards und fördert Wissen rund um das Produkt. Der größte Meilenstein: 2009 wurde der Aceto Balsamico di Modena offiziell von der EU als g.g.A. (geschützte geografische Angabe) anerkannt – ein echter Ritterschlag.
Der Balsamessig aus Modena wird in einer Vielzahl unterschiedlicher Kompositionen hergestellt, die sich in ihren sensorischen und analytischen Eigenschaften voneinander unterscheiden. Unter ein und demselben Namen gibt es Produkte mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, Aromen und Konsistenzen: vom spritzig-sauren bis zum samtig-süßen, vom leichten undflüssigen bis zum gehaltvollen und samtigen Balsamessig. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den Preisen wider. Das alles kann es dem Genießer schwermachen, genau das Produkt zu finden, das seinem Geschmack und seinem Verwendungszweck entspricht – als Gewürz für frisches Gemüse, Zutat in raffinierten Rezepten, roh in Kombination mit anderen Gerichten oder zur Krönung von Hauptgerichten oder Desserts.

Um dem Verbraucher ein wirksames Instrument an die Hand zu geben, mit dem er die wichtigsten sensorischen Eigenschaften des Produkts im Regal sofort erkennen kann, hat das Konsortium zum Schutz des Aceto Balsamico di Modena g.g.A. die Kennzeichnung „Consortium Profile“ geschaffen. Mit Hilfe von grafischen und beschreibenden Elementen liefert das entsprechende Logo ein klares und leicht verständliches sensorisches Profil, das dem Verbraucher bei der Produktauswahl hilft und so die Frustration eines Blindkaufs verhindert.
Fazit: Mehr als ein Essig – Aceto Balsamico di Modena ist flüssige italienische Kultur
Wer einmal echten Aceto Balsamico di Modena probiert hat, erkennt: Das ist kein simpler Küchenhelfer, sondern ein Meisterwerk. Hinter der dunklen Flüssigkeit stecken Geschichte, Handwerkskunst und eine Tiefe, die man schmeckt.
Dank Events wie der Münchner Verkostung und Botschafterinnen wie Stefania Lettini kommt dieses Wissen nun auch bei uns immer mehr an. Also: Augen auf beim Balsamico-Kauf – und ruhig mal mutig kombinieren. Denn der Aceto Balsamico di Modena macht aus fast jedem Gericht etwas ganz Besonderes.