Home ReiseDeutschlandMünchen Hofbräukeller München und Studentenverbindungen rauchen zusammen die Friedenspfeife

Hofbräukeller München und Studentenverbindungen rauchen zusammen die Friedenspfeife

by Götz A. Primke

Stossen an auf ein gutes Verhältnis: <strong>Der Pächter des Hofbraeukeller München, Friedrich Steinberg, und der Vertreter der KSStV Alemannia, Jakob SchmidkonzDer Anfang einer grossartigen Beziehung oder viel Rauch um Nichts? Eine Woche lang beherrschte ein Thema das Sommerloch, wie es kleiner und bunter kaum sein konnte. Selbst die grossen deutschen Tageszeitungen meinten sich des Themas bemächtigen zu müssen. Dabei versuchten sie zum Teil mit Übertreibungen und Falschdeutungen den ganzen Sachverhalt aufzubauschen. Doch letztendlich sitzen jetzt gerade die Vertreter der KSStV Alemannia zu München im KV und der Pächter des Hofbräukellers, Friedrich Steinberg, zusammen und stossen gemeinsam bei ein paar Mass Bier auf ein gutes Verhältnis an. Vorbei der Sturm im Wasserglas. Fazit:Keine Studentenverbindung hat pauschal Hausverbot. Natürlich werden weder rechtsradikales Gedankengut noch schlechtes, rüpelhaftes Benehmen toleriert. Die KSStV Alemannia wird, wie beabsichtigt, im Juli 2016 ihr 135. Stiftungsfest im Hofbräukeller München feiern können. Die Verwirrungen der letzten Tage seien lediglich „Fehler in der Kommunikation“.

Jakob Schmidkonz äußerte sich exklusiv gegenüber Le Gourmand – Das Geniesser-Magazin vor Herausgabe der Pressemitteilung begeistert über das Gespräch zwischen beiden Seiten. „Wir hatten eine super angenehme und konstruktive Atmosphäre. Es hätte nicht besser laufen können“, zog der 30jährige Rechtsreferendar und Doktorand Bilanz. Es waren „Fehler in der Kommunikation“, die auf beiden Seiten die Lage etwas eskalieren liessen. Denn tausende negativer Bewertungen in den sozialen Netzwerken können letztlich auch einen immensen wirtschaftlichen Schaden für das bayerische Traditionslokal bedeuten. Dann nämlich, wenn viele Touristen in München sich nicht für den Hofbräukeller, sondern für einen anderen Ort für die Mass Bier, die Schweinshaxn oder die Familienfeier entscheiden. Friedrich Steinberg, Enkel von Wienerwald-Gründer Friedrich Jahn, hatte nicht unberechtigt Sorge, dass demnächst seine Küche kalt bleiben dürfte.

Was war geschehen? Mitte Juli 2015, vor etwa einer Woche, erhielt die Münchner Studentenverbindung KSStV Alemannia zu München im KV vom Hofbräukeller München die Absage, im Jahr 2016 dort ihr Stiftungsfest feiern zu dürfen. Nachdem die Alemannia diese Absage in sozialen Netzwerken sehr erstaunt mitgeteilt hatte, erhob sich ein Sturm der Entrüstung auf den diversen Bewertungsportalen gegen den Hofbräukeller. Steinberg hatte nicht nur einer Verbindung eine pauschale Absage erteilt, sondern gleich auch noch seinem obersten Dienstherrn, dem bayerischen Finanzminister Markus Söder, Hausverbot erteilt. Außerdem noch dem bayerischen Innenminister Joachim Hermann, dem emeritierten Papst Benedikt XVI., Thomas Gottschalk, Claus Kleber und vielen anderen mehr oder weniger Prominenten aus der Mitte der Gesellschaft dazu. Und dies rein aus einer emotionalen Geste heraus, da er sich über eine andere Münchner Studentenverbindung vorher geärgert hatte.

Doch welcher Umstand sorgte bei „Ricky“ Steinberg für den großen Ärger? Eine andere Münchner Studentenverbindung, Gerüchten zufolge eine Burschenschaft im Nordwesten der Maxvorstadt, hatte nach alter Tradition und Sitte bei ihrem Stiftungsfest im Hofbräukeller kürzlich auch das Lied der Deutschen in allen drei Strophen gesungen. Gastronom Steinberg ging fälschlicherweise davon aus, dass dieses Lied, dessen dritte Strophe unsere deutsche Nationalhymne sei, wegen der geschichtlichen Vorbelastung verboten sei. Doch dem ist nicht so. „Das Singen des Liedes wurde zwar nach dem Zweiten Weltkrieg von den amerikanischen Militärbehörden für kurze Zeit verboten, jedoch stellt heute das Abspielen oder Singen der ersten und zweiten Strophe – die offiziell kein Teil der Nationalhymne sind – keine strafbare oder verbotene Handlung dar“, wie Wikipedia es deutlich darstellt. Das Lied wurde von Hoffmann von Fallersleben als Trinklied so geschrieben, dass es die Grenzen des deutschen Kulturraums umfasst. Damals war Deutschland von Kleinstaaterei geprägt, sein Lied war der Wunsch auf ein gemeinsames Vaterland ohne Grenzen. So wie wir heute auch die EU und insbesondere den Schengen-Raum auch schätzen. Es war nicht gedacht, die anderen Nachbarländer klein zu machen. Dies ist die Interpretation der Nazis gewesen, dessen österreichischer Frontmann A.H. selbst seine grossen Reden eben in diesem Hofbräukeller schwang. Doch den braucht keiner. Denn schliesslich waren es eben diese Nazis, die 1935 die Studentenverbindungen verboten. Jeder Corporierte, egal ob in einer Burschenschaft, Sängerschaft, Landsmannschaft, Turnerschaft, Corps, Katholischen Studentenverbindung oder welcher Couleur auch immer, sollte in seinem Fuxenunterricht gelernt haben, dass eine Verbindung vor allem dem freien, unabhängigen Geist verpflichtet ist. Bei etwa 25 Dachverbänden allein in Deutschland kann sich jeder schnell ausmalen, wie unterschiedlich die über 1.000 Studentenverbindungen in Deutschland ausgerichtet sind.

Hier die Pressemitteilung der beiden beteiligten Seiten im Wortlaut:

Gemeinsame Erklärung des Hofbräukellers und der K.S.St.V. Alemannia

Hofbräukeller-Traditionswirt Steinberg und Katholische Studentenverbindung Alemannia versöhnen sich

München, 26. Juli 2015. Am heutigen Sonntag, den 26. Juli 2015 konnten die Differenzen zwischen Hofbräukeller-Wirt Ricky Steinberg und der Katholischen Süddeutschen Studentenverbindung Alemannia beigelegt werden. In einem persönlichen und sehr konstruktiven Gespräch zwischen Steinberg und Vertretern der Alemannia konnte eine gemeinsame Lösung erzielt werden.

Hintergrund des Konfliktes war die Absage des Hofbräukellers auf eine Reservierungsanfrage der Alemannia. Die generelle Ablehnung der Vermietung der Veranstaltungsräume an Studentenverbindungen führte folglich in den sozialen Netzwerken zu einer Welle an Negativkommentaren gegen den Hofbräukeller.
Herr Steinberg wies darauf hin, dass es mit der Alemannia im Hofbräukeller in der Vergangenheit nie negative Vorfälle gab. Jakob Schmidkonz von der Alemannia betonte: „Mit einem solch heftigen Protest haben wir nicht gerechnet. Wir haben diesen „Shitstorm“ gegen den Hofbräukeller nicht bewusst initiiert.“

Die Mitglieder der Alemannia fühlten sich durch die Absage zu Unrecht für das Fehlverhalten anderer Studentenverbindungen bestraft. „Die Alemannia lehnt aus ihrem katholischen Glauben heraus jegliche Form von Ausländerfeindlichkeit und rechtem Gedankengut strikt ab. Mit christlicher Nächstenliebe sind diese Ideen in keiner Weise zu vereinbaren. Unsere Verbindung ist in ihrer Geschichte selbst durch Verbot, Enteignung und Verfolgung Opfer der nationalsozialistischen Diktatur geworden“, stellte Schmidkonz klar.

Hofbräukeller-Wirt Steinberg bekräftigte, dass der Hofbräukeller grundsätzlich allen Studentenverbindungen offen stehe, er sich aber zukünftig bei Anfragen die Zeit nehmen wird, sich genau über die jeweilige Verbindung zu informieren. Solche mit rechtem Gedankengut will er verständlicherweise auch zukünftig nicht bewirten. „Ich habe in meinem Lokal keinen Platz für braune Schafe“, wiederholte Steinberg. Auch wenn die ersten beiden Strophen des Deutschlandliedes nicht rechtsradikal und verboten sind, stellte er klar, dass er sie „auf Grund der negativen Außenwirkung hier nicht hören will.“ Dass auch Randale und schlechtes Benehmen gegen Angestellte und andere Gäste im Hofbräukeller keinen Platz haben, ist für beide Seiten eine Selbstverständlichkeit. „Wer sich daran nicht hält, bekommt Lokalverbot“, macht Steinberg unmissverständlich deutlich.

Beide Seiten freuten sich über das Ergebnis des Gesprächs und hoffen, dass es in der Verbindungslandschaft allgemein auf positive Resonanz stoßen wird und viele Verbindungsstudenten, die sich in den vergangenen Tagen für die demokratische und rechtsstaatliche Grundüberzeugung der Verbindungen im Allgemeinen einsetzten, ihre Bewertungen und Kommentare zum Hofbräukeller auf den diversen Internetportalen korrigieren werden. Die Alemannia freut sich nun sehr darauf, im nächsten Jahr ihr 135. Stiftungsfest im Hofbräukeller feiern zu können.

Steinberg und die Alemannia stellen gemeinsam klar: „Münchner Gastronomen und Verbindungsstudenten setzen sich aus der Mitte der Gesellschaft heraus für ein weltoffenes und tolerantes München ein, in dem für rechtsextremes Gedankengut und dessen Anhänger kein Platz ist.“

Für den Hofbräukeller
Ricky Steinberg
Für die Alemannia
Jakob Schmidkonz

Hier noch einige Meinungen der grossen Tageszeitungen mit ihren zum Teil deutlich übertriebenen Darstellungen. Besonders überflüssig ist die Gleichstellung aller Verbindungen mit Burschenschaften. Diese machen nur einen kleinen Teil der Studentenverbindungslandschaft aus.

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