Home Essen & Trinken LMIV: Neue Allergeninformationen für die Gastronomie ab 13.12.2014

LMIV: Neue Allergeninformationen für die Gastronomie ab 13.12.2014

by Götz A. Primke

Rewe frei von... #3
Allergien: Krankheit, Übel, Last. Nervenaufreibend, gesundheitsgefährdend, tödlich. Eine Strafe Gottes? Ein Umweltrisiko? Eine Zivilisationskrankheit? Wer von einer Allergie betroffen ist, wird wohl zu fast jedem dieser Punkte JA sagen. Mich selbst traf es während des Studiums. Eines Tages, zum Frühlingsanfang und mitten im Klausurstress, war mein Körper über und über mit juckenden Pusteln übersät. Der Hausarzt schickte mich zum Hautarzt, dieser machte einen Allergietest und stellte fest, dass ich an einer Frühblüher-Allergie leide. Aha. Neuerdings, dachte ich mir. Bisher war ich gegen nichts allergisch. Und auf einmal gegen Pollen von Birke, Hasel und Erle. Seitdem „freue“ ich mich auf jedes Frühjahr mit leicht tränenden, geschwollenen Augen und einer dicken, triefenden Nase. Doch damit nicht genug. Ich lernte, dass es Kreuzallergien gibt. Und diese sind bei Frühblühern die Karotten und Sojasprossen. Dies erklärte mir, warum ich plötzlich bei rohen Möhren ein Jucken im Rachen verspürte. Seitdem esse ich nur noch zubereitete Karotten: also mariniert, gekocht, gebraten. Die Möhre mal eben roh in den Mund gesteckt, wie ich es als Kind geliebt habe: vorbei. Auf einen anaphylaktischen Schock habe ich keine Lust. Doch viele andere, die von zig anderen Allergien betroffen sind und wesentlich stärker als ich darunter leiden, müssen mit dieser Gefahr leben. Was essen sie? Was ist in den Lebensmitteln drin, die wir kaufen? Warum steht nicht immer alles klar gekennzeichnet auf dem Essen drauf, was an Produkten alles verarbeitet wurde. Jetzt verspricht der Gesetzgeber Besserung mit dem vorgelegten Entwurf einer Verordnung zur Allergenkennzeichnung bei unverpackten Lebensmitteln.

Bei vielen fertig abgepackten Produkten in den Supermärkten stehen die meisten und wichtigsten Inhaltsangaben ja mittlerweile glücklicherweise drauf. Doch schon im Restaurant wird es schwierig. Nicht immer weiss der Kellner, was alles im Essen ist. Und an fast jeder Suppe sind Zwiebeln und Lauch als Mirepoix, Wurzelgemüse oder auch Suppengrün dabei. Viele Gerichte werden noch mit etwas Zitrone oder Zitronenabrieb verfeinert, um einen Schuss Säure zu gewinnen. Ich kenne das permanente Aufpassen auf Allergie-auslösende Lebensmittel. Zumal auch eine ganz besondere Mitesserin in diesem Haushalt gleich auf soviel verschiedene Lebensmittel allergisch reagiert, dass das Kochen zu einer regelmässigen Denksportaufgabe wird. Für die gute Küche so wichtige Produkte wie Zwiebeln, Knoblauch und alle anderen Laucharten, jegliche Zitrusfrüchte, Nüsse, Kohlsorten etc. wollen umgangen sein.
Was also verspricht uns die neue Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV)? Und was müssen Gastronomen nun tun?

Rewe frei von... #1
Die neue Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV)
Am 13.12.2014 endet der Anpassungszeitraum der am 12.12.2011 in Kraft getretenen sogenannten Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV). Mit ihr werden das allgemeine Lebensmittelkennzeichnungsrecht und das Nährwertkennzeichnungsrecht auf EU-Ebene zusammengeführt. Die Verordnung sorgt an vielen Stellen dafür, dass Verbraucher besser erkennen, was in den Lebensmitteln enthalten ist. „Die LMIV ist nicht nur aus deutscher, sondern auch aus europäischer Sicht ein Erfolg. Denn mit der Verordnung wurde das allgemeine Lebensmittelkennzeichnungsrecht vereinheitlicht und modernisiert. Sie ist ein Meilenstein für mehr Klarheit und Wahrheit bei der Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln“, sagte Bundesminister Christian Schmidt. So werden ab dem 13.12.2014 unter anderem Vorgaben zur besseren Lesbarkeit, eine klare Kennzeichnung von Lebensmittelimitaten sowie – bei verpackter und loser Ware – die Allergenkennzeichnung verbindlich.

Was die Umsetzung der Allergenkennzeichnung bei loser Ware betrifft, hat Deutschland von der in der LMIV eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, diese national zu regeln. Bislang unterliegen unverpackt abgegebene Lebensmittel (sog. lose Ware), wie sie etwa in der Gastronomie üblich sind, nicht den allgemeinen Kennzeichnungspflichten. Nach der LMIV sind 14 „Hauptallergene“ ab dem 13. Dezember 2014 EU-weit verpflichtend anzugeben, dies umfasst unter anderem: Glutenhaltiges Getreide wie Weizen und Roggen, Krebstiere, Eier, Fische, Erdnüsse, Sojabohnen, Milch und Milcherzeugnisse, Schalenfrüchte wie Mandeln und Haselnüsse, Sellerie, Senf, Sesamsamen, Schwefeldioxid und Sulfite, Lupinen, Weichtiere. Die Kennzeichnungspflicht gilt auch für alle allergen wirkenden Verarbeitungsprodukte und für die bei der Produktion eingesetzten Hilfsstoffe. Stoffe jedoch, die durch die Verarbeitung oder den Herstellungsprozess ihr allergenes Potential verlieren, müssen nicht gekennzeichnet werden. Zu diesen Ausnahmen gehört zum Beispiel Glucosesirup auf Weizenbasis.

Rewe frei von... #2
Der Bundesrat hat kürzlich grünes Licht für den vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vorgelegten Entwurf einer Verordnung zur Allergenkennzeichnung bei unverpackten Lebensmitteln gegeben. Damit besteht Klarheit über die Umsetzung der ab 13. Dezember 2014 europaweit neu geregelten Allergenkennzeichnung bei Lebensmitteln. „Mit der Verordnung stellen wir sicher, dass Allergiker fortan besser informiert und geschützt werden. Nur wenn ein Allergiker weiß, ob in einem Brötchen oder in einer Eiskugel für ihn gefährliche Allergene enthalten sind, kann er gesundheitlichen Schaden abwenden. Zugleich schafft die Verordnung Rechts- und Planungssicherheit für die beteiligten Branchen. Das Maß an Aufwand bleibt insbesondere für kleine handwerkliche Betriebe und die klassische Ladentheke begrenzt“, erklärt Bundesernährungsminister Christian Schmidt. Die Neuregelung sei eine wichtige Maßnahme des gesundheitlichen Verbraucherschutzes, da allergische Reaktionen auf Lebensmittel auch durch lose Ware ausgelöst werden können.

Somit beginnt ab dem 13. Dezember 2014 für – nach Schätzungen und Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Ernährung – über zwei Millionen Lebensmittelallergiker in Deutschland und viele weitere Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten eine neue Ära: Egal ob beim Bäcker, Metzger, im Restaurant, im Supermarkt oder in der Eisdiele – Allergiker erfahren künftig auch bei unverpackten Lebensmitteln, in welchen Produkten potentiell allergene Zutaten enthalten sind. Dabei müssen die Informationen, welche potentiell allergen wirksamen Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe bei der Herstellung eines Lebensmittels verwendetet wurden, für Verbraucher unmittelbar und leicht erhältlich sein. Zudem muss in den Verkaufsräumen an gut sichtbarer Stelle ein deutlicher Hinweis erfolgen, wo und wie Kunden die Allergeninformation erhalten können. Bei verpackter Ware oder in Zutatenlisten müssen allergene Stoffe in den Zutatenverzeichnissen hervorgehoben werden.

Die Verordnung sieht vor, dass neben dem weiten Spektrum der schriftlichen Informationsmöglichkeiten für die Unternehmen auch eine mündliche Information möglich ist. Basis für die mündliche Information muss allerdings eine schriftliche Dokumentation sein, die sowohl nachfragenden Verbrauchern als auch den zuständigen Kontrollbehörden leicht zugänglich gemacht werden muss. „Damit haben wir den Lebensmittelunternehmen eine praxisgerechte Regelungen an die Hand gegeben und ihnen zugleich eine große Flexibilität für die Ausgestaltung einer sicheren Allergeninformation gewährt“, sagte Schmidt. Es bleibt den Anbietern freigestellt, auf welche Art und Weise sie ihrer Dokumentationspflicht nachkommen. Produkte, die vor dem 13. Dezember nach altem Recht in Verkehr gebracht oder gekennzeichnet wurden, können unbefristet abverkauft werden.

Der Geburtstagskuchen muss nicht gekennzeichnet werden
Bundesminister Schmidt stellt noch einmal klar, dass der von Eltern gebackene Kuchen für den Kindergeburtstag nicht mit einer Allergenkennzeichnung versehen werden muss. Nur diejenigen, die unternehmerisch im Lebensmittelbereich tätig sind, sind fortan dazu verpflichtet, Lebensmittel entsprechend der neuen Vorgaben zu kennzeichnen. Die Kommission hat hierzu klargestellt, dass auch ehrenamtliche Kuchenbäcker etwa für einen Kuchenbasar im Kindergarten keine Auflagen durch die neuen EU-Regeln fürchten müssen. In Zweifelsfällen liegt es im Ermessen der zuständigen Kontrollbehörden der Bundesländer im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Kennzeichnungspflicht vorliegt oder nicht. „Ungeachtet dessen ist es bei einem Kindergeburtstag sinnvoll, dass die Eltern die Kinder und deren Eltern vor dem Verzehr des Geburtstagskuchens fragen, ob Allergiker unter den Gästen sind, damit der Kindergeburtstag nicht in der Notaufnahme des Krankenhauses endet“, empfiehlt Schmidt. Beim Kuchen, der von der Konditorei erworben wurde, werden die Eltern in Zukunft hingegen deutlich mehr Klarheit haben als bislang.

Weitere Informationen zur Neuregelung des Kennzeichnungsrechts hier.
Credit an Gastronomie Geflüster .

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