Pasteten haben seit Jahrhunderten einen festen Platz in der europäischen Küche. Sie sind Ausdruck von Kochkunst, von Raffinesse und von Genuss, zugleich aber auch ein Symbol für handwerkliches Können. Wer Geflügelleber-Paté zubereitet, bewegt sich in einer langen Tradition, die von den französischen Landsitzen bis in die bürgerlichen Küchen Deutschlands reicht. Ein Rezept, das diese Tradition aufnimmt und zugleich in die Gegenwart übersetzt, findet sich im Kochbuch kochen. von Stevan Paul. Die Pastete gehört zu den Klassikern, die dort mit einer Klarheit und Präzision präsentiert werden, wie sie nur einem Koch gelingt, der sowohl die Praxis als auch das Schreiben beherrscht.
Ich habe dieses Rezept selbst ausprobiert, fotografisch dokumentiert und in meiner eigenen Küche auf den Prüfstand gestellt. Bereits zuvor hatte ich aus demselben Buch das Roastbeef-Rezept nachgekocht, über das ich hier berichtet habe. Mit der Geflügelleber-Paté wollte ich nun tiefer in die Welt der Pasteten eintauchen – und zugleich überprüfen, wie nah die eigene Umsetzung an der Vorlage bleibt.
Stevan Paul und das Kochbuch kochen.
Stevan Paul gehört seit vielen Jahren zu den bekanntesten Stimmen der deutschsprachigen Food-Szene. Er ist gelernter Koch, war in renommierten Restaurants tätig, bevor er zum Journalismus und zum Schreiben wechselte. Seine Bücher, Kolumnen und Blogtexte zeigen, dass er wie kaum ein anderer die Brücke zwischen Profi-Handwerk und Alltagsküche schlägt. Mit kochen. hat er ein Werk vorgelegt, das in den vergangenen Jahren vielfach als modernes Standardwerk gelobt wurde.

„In diesem Buch steckt die Essenz des Kochens“, sagt Stevan Paul zu seinem Buch. Wie kein anderer spürt der Weltenbummler Trends auf und prägt seit Jahren den Kochbuchmarkt. In diesem Buch stehen Aromen, Würzungen, das Handwerk und die reine Freude am Kochen im Mittelpunkt.
Das Konzept des Buches ist klar: klassische Rezepte bilden die Grundlage, werden aber so erklärt, dass sie für die heimische Küche zugänglich und gelingsicher werden. Stevan Paul verbindet in seinen Rezepten den Respekt vor Traditionen mit einer zeitgemäßen Lesart, die präzise formuliert und doch verständlich ist. Damit unterscheidet sich kochen. von vielen Bildbänden, die mehr auf visuelle Inszenierung als auf handwerkliche Genauigkeit setzen. Wer mit diesem Buch arbeitet, findet klare Handlungsanweisungen, nachvollziehbare Techniken und kulinarisches Wissen, das über bloße Zutatenlisten hinausgeht.
Pastete, Pâté, Parfait, Mousse und Terrine: Wo liegen die Unterschiede?
Um zu verstehen, was Geflügelleber-Paté ausmacht, lohnt es sich, die feinen Unterschiede zwischen den verwandten Zubereitungen zu betrachten. Der Begriff „Pastete“ ist in der deutschen Küche weit gefasst. Traditionell versteht man darunter ein Gericht, bei dem Fleisch, Leber oder Fisch zu einer farcierten Masse verarbeitet und in Teig oder in einer Form gegart wird. Die französische „Pâté“ bezeichnet ebenfalls eine Pastete, ist jedoch in ihrer klassischen Form oft freistehend oder in Terrinenform gegart, ohne Teighülle.

Eine Terrine wiederum wird meist im Wasserbad schonend gegart, wodurch die Masse besonders zart bleibt. Charakteristisch ist die Form: rechteckig oder oval, häufig in Scheiben geschnitten serviert. Die Mousse ist luftiger, sie wird mit geschlagener Sahne oder Eiweiß aufgelockert, wodurch sie eine cremige, fast schaumige Konsistenz erhält. Noch feiner ist das Parfait, das mit Sahne und Butter angereichert wird und oft fast streichzart wirkt.
Diese Unterscheidungen sind nicht nur kulinarische Spitzfindigkeiten, sondern spiegeln unterschiedliche Traditionen und Handwerksweisen wider. In Frankreich hat jede dieser Zubereitungen ihren festen Platz in der Menüfolge, während im deutschsprachigen Raum der Begriff „Leberpastete“ oft für alle Varianten pauschal verwendet wird. Umso wichtiger ist es, die Unterschiede zu kennen – besonders dann, wenn man selbst in der Küche Hand anlegt.
Geflügelleber als Basis: Ein besonderes Produkt
Die Leber ist ein Organ, das polarisiert. Manche lieben sie wegen ihres intensiven, leicht süßlich-bitteren Aromas, andere meiden sie. Geflügelleber ist dabei feiner als Kalbs- oder Schweineleber und hat einen milderen, weniger metallischen Geschmack. Besonders Hühner- und Entenleber sind für Pasteten beliebt, weil sie sich cremig pürieren lassen und in Kombination mit Butter, Schalotten und edelsüßen Weinen eine unvergleichliche Harmonie ergeben.
Die luxuriöseste Form der Geflügelleber ist die Foie gras, vor allem aus Gans oder Ente, die in Frankreich seit Jahrhunderten als Delikatesse gilt. Sie ist wegen der Produktionsmethoden umstritten, kulinarisch jedoch unbestritten ein Höhepunkt. Stevan Pauls Rezept orientiert sich nicht an dieser Luxusvariante, sondern nutzt klassische Hühnerleber – ein Produkt, das auch im Alltag erschwinglich und gut verfügbar ist. Damit zeigt er, dass Genuss nicht von Exklusivität abhängen muss, sondern von Sorgfalt und Technik.
Beim Einkauf ist Frische entscheidend: die Leber sollte glänzen, fest sein und frei von unangenehmen Gerüchen. Ein weiterer Aspekt ist die Herkunft. Wer Wert auf Qualität legt, achtet auf Geflügel aus artgerechter Haltung. Die Zubereitung einer Paté ist schließlich nur so gut wie die Zutaten, die man hineinlegt.
Meine Einkaufsquelle ist der Egeler Hof, bei dem ich immer wieder gern auf dem Münchner Bauernmarkt meine Produkte kaufe, so auch in diesem Falle die frische Hühnerleber.

Das Rezept aus kochen.: Aufbau und Idee
Das Rezept von Stevan Paul ist in seiner Struktur klar und nachvollziehbar. Es beginnt mit dem Anbraten von Schalotten, die in Butter glasig geschwitzt werden, bevor die vorbereitete Leber hinzugefügt wird. Mit Portwein oder Madeira abgelöscht, entsteht eine aromatische Basis, die durch Gewürze wie Pfeffer, Lorbeer oder Piment ergänzt wird. Anschließend wird die Masse püriert und durch ein feines Sieb gestrichen, um eine glatte Textur zu erzielen.
Wichtig ist der Anteil an Butter, der die Pastete nicht nur streichfähig macht, sondern ihr eine seidige Konsistenz und einen runden Geschmack verleiht. Nach dem Abfüllen in kleine Förmchen oder Gläser wird die Paté gekühlt und kann nach einigen Stunden Ruhezeit serviert werden.
Was an Pauls Rezept überzeugt, ist die didaktische Klarheit. Er beschreibt nicht nur, was zu tun ist, sondern auch, warum bestimmte Schritte wichtig sind. So wird die Leber beispielsweise nicht zu lange gegart, um Bitterstoffe zu vermeiden. Das Ergebnis ist eine Pastete, die reichhaltig, elegant und doch unkompliziert ist – ein Rezept, das sich für Einsteiger wie Fortgeschrittene gleichermaßen eignet.
Zutaten:
- 3 Blatt Gelatine
- 400g frische Hühnchenleber
- 80g Butter
- 1 TL Thymianblättchen
- Salz
- weißer Pfeffer aus der Mühle
- 25ml Süßwein
- 125ml Sahne
- Sherry-Essig
- 40g Frisée-Salat
Zubereitung:
- Gelatine in kaltem Wasser einweichen.
- Hähnchenleber kalt abspülen, mit Küchenpapier trocken tupfen.
- Butter in einer Pfanne schmelzen, Leber und Thymian zugeben und 5 Minuten schmoren.
- Die Leber soll nicht durchgebraten sein.
- Mit Salz und Pfeffer würzen, mit Süßwein ablöschen.
- In eine Schüssel geben und leicht abkühlen lassen.
- Gelatine trocken ausdrücken und mit Sahne zur Leber geben.
- Alles fein pürieren.
- Die Masse durch ein Sieb streichen.
- Mit Salz, Pfeffer und 1-2 Spritzern Sherry-Essig abschmecken.
- In eine kleine Schüssel gießen und zugedeckt, am besten über Nacht, im Kühlschrank fest werden lassen.
- Frisée waschen, putzen und trocken schleudern.
Selbst gemacht oder gekauft: Ein Vergleich
Pasteten sind im Feinkosthandel weit verbreitet. In vielen Delikatessengeschäften findet man eine breite Auswahl an Leberpasteten, von rustikalen Landpâtés bis zu feinen Mousse-Varianten. Doch der Unterschied zur selbst gemachten Variante ist beträchtlich. Industriell hergestellte Produkte enthalten oft Konservierungsstoffe, Stabilisatoren oder Aromen, die eine längere Haltbarkeit ermöglichen, aber den Geschmack verändern.
Eine hausgemachte Geflügelleber-Paté hingegen ist frisch, frei von Zusätzen und genau auf den eigenen Geschmack abgestimmt. Man kann die Intensität der Leber, die Süße des Weins oder die Würzung variieren und so ein individuelles Ergebnis erzielen. Zudem vermittelt das Selbermachen ein Gefühl von Handwerk und Eigenständigkeit, das ein gekauftes Produkt niemals ersetzen kann.

Eigene Küchenerfahrung mit der Geflügelleber-Paté
In meiner Küche war das Nachkochen ein Genuss. Die Zutaten waren schnell besorgt, die Zubereitung verlief reibungslos. Besonders spannend war für mich der Moment, in dem die Leber mit dem Portwein zusammentraf – ein Duft, der sofort an französische Bistroküche erinnerte. Das anschließende Pürieren erforderte etwas Geduld, denn nur durch gründliches Passieren erhält die Paté ihre feine, fast seidige Konsistenz.
Beim Abkühlen zeigte sich, wie wichtig Geduld ist. Erst nach einigen Stunden im Kühlschrank entfaltete die Pastete ihre volle Aromatik. Serviert auf leicht geröstetem Weißbrot, ergänzt durch ein paar Cornichons, ergab sich ein Bild, das nicht nur fotogen war, sondern auch geschmacklich überzeugte. Die Fotos, die ich während der Zubereitung gemacht habe, zeigen, wie nah das Ergebnis am Ideal liegt – und wie einfach es ist, mit einem guten Rezept ein professionelles Ergebnis zu erzielen.

Servieren und Kombinieren: Genuss im Detail
Eine Geflügelleber-Paté ist vielseitig einsetzbar. Sie eignet sich als Vorspeise in einem Menü, als Bestandteil eines Buffets oder einfach als Brotaufstrich für einen besonderen Abend. Besonders harmonisch wirkt sie in Kombination mit süß-säuerlichen Beilagen: eingekochte Zwiebeln, Apfelchutney oder Preiselbeeren balancieren die Fülle der Leber.
Beim Brot ist geröstetes Baguette eine klassische Wahl, aber auch dunkles Bauernbrot oder Brioche passen hervorragend. Als Weinbegleitung eignen sich edelsüße Tropfen wie Sauternes oder Beerenauslesen, ebenso wie kräftige Rotweine mit Frucht und Würze. In Frankreich wird Pâté gern mit Cornichons gereicht, in Deutschland sind Senf und Zwiebeln beliebt, während in Österreich gerne Brioche oder Semmeln auf den Tisch kommen. Diese Vielfalt zeigt, dass die Geflügelleber-Paté weit mehr ist als ein Rezept – sie ist ein kulinarisches Bindeglied zwischen unterschiedlichen Esskulturen.
Das Kochbuch kochen. als Empfehlung
Mit der Geflügelleber-Paté demonstriert Stevan Paul, was sein Kochbuch auszeichnet: die Verbindung von Klassik und Moderne, von Handwerk und Alltagstauglichkeit. Das Buch vermittelt Kochtechniken, ohne belehrend zu sein, und inspiriert dazu, selbst aktiv zu werden. Wer sich bislang nicht an Pasteten herangetraut hat, findet hier eine verlässliche Anleitung, die alle Schritte nachvollziehbar macht.
Mit über 500 Rezepten und Texten zu den Grundlagen des Kochens, zu Geschmack und Küchentechniken, gelingt es, Kochen wirklich nachvollziehbar zu verstehen. Der Schwerpunkt lieft auf der französischen Küche, asiatische und orientalische Einflüsse setzen Akzente. Dabei hat Stevan Paul die klassische Rezept-Form neu gedacht: Die Rezepte lassen sich sowohl als Ganzes als auch in Teilen nachmachen und neu kombinieren. Und genau dies habe ich bei diesem Rezept gemacht: Das Original-Rezept beinhaltet zusätzlich noch Apfel-Schalotten, Brioche und sautierte Hühnerherzen. Mir kam es allerdings nur darauf an, mal eine Hühnerleber-Pâté zu erstellen.
Bereits beim Roastbeef-Rezept aus demselben Buch konnte ich feststellen, wie präzise und zugleich zugänglich Pauls Rezepte sind. Die Pastete bestätigt diesen Eindruck. kochen. ist damit nicht nur ein Kochbuch für ambitionierte Hobbyköche, sondern ein echtes Grundlagenwerk, das in keiner Küche fehlen sollte.
Pasteten-Kultur in Europa: Ein kurzer Exkurs
Ein Blick über den Tellerrand zeigt, dass Pasteten in vielen europäischen Ländern eine lange Tradition haben. In Frankreich sind sie fester Bestandteil der Bistroküche und reichen von rustikalen Landpasteten bis zur luxuriösen Foie gras. In Deutschland waren Leberpasteten seit dem 19. Jahrhundert fester Bestandteil der bürgerlichen Küche, besonders in Süddeutschland und im Elsass. Österreich kennt feine Terrinen und Parfaits, die in der k.u.k.-Küche gepflegt wurden. In England wiederum ist die Pork Pie ein Klassiker, der in Teig gebacken wird und auch kalt genossen werden kann.
Diese Vielfalt zeigt, dass die Pastete mehr ist als nur ein Rezept – sie ist Teil einer gemeinsamen europäischen Esskultur, die in unzähligen Varianten weiterlebt.
Fazit: Handwerk, Genuss, Kochkultur
Die Geflügelleber-Paté nach Stevan Paul ist ein Paradebeispiel dafür, wie klassische Küche mit modernen Mitteln vermittelt werden kann. Sie ist handwerklich interessant, geschmacklich überzeugend und zugleich auch für Hobbyköche machbar. Das Rezept zeigt, dass gute Küche nicht kompliziert sein muss, sondern aus der Kombination von Sorgfalt, Wissen und guten Zutaten entsteht.
Für mich war dieses Nachkochen nicht nur ein kulinarisches Erlebnis, sondern auch ein Stück kulinarische Weiterbildung. Wer die Geflügelleber-Paté ausprobiert, versteht, warum Pasteten bis heute ein Symbol für Genuss und Kochkunst sind – und warum das Kochbuch kochen. zu den empfehlenswertesten Werken der letzten Jahre gehört.
Das Buch könnt Ihr übrigens hier bei Amazon kaufen.
Disclosure: Der Autor dieser Zeilen und Stevan Paul sind beide Mitglieder im Food Editors Club Deutschland.