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Hurtigruten: Norwegen – das schmeckt mir!

by Johanna Stoeckl

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Die schönste Seereise der Welt: Dies gönnt sich laut Katalog wer auf einem Hurtigrutenschiff einen Trip von Bergen nach Kirkenes und retour bucht. Während man in den Wintermonaten unter dem Programm „Hunting the Light“ auf die Jagd nach dem Nordlicht geht, können Passagiere ab Mitte April in „The Arctic Awakening“ von der Sonne, die nicht mehr untergeht, gar nicht genug bekommen. Früher wurde über die Schiffe die Post entlang der Fjordküste Norwegens zugestellt. Heute transportiert die Hurtigruten Linie vor allem Passagiere und Fracht. Johanna Stöckl kommt gerade von ihren zweiten Reise auf einem Hurtigruten-Schiff zurück und hat für Le Gourmand – Das Geniesser-Magazin einen Kulinarik-Bericht an Land gezogen.

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Man hätte mich vor Antritt meiner ersten Hurtigruten-Reise vorwarnen sollen. Dieser Trip macht süchtig. Wer die Fjordküste Norwegens einmal auf einem Hurtigrutenschiff entlang geschippert ist, möchte es am liebsten immer wieder tun. Auch ich bin Wiederholungstäter und war bereits zum zweiten Mal mit Hurtigruten unterwegs. Dieses Mal mit der MS Norkapp.

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Warum Hurtigruten und kein anderes Schiff?

Weil ich es bodenständig mag. Weil ich das Original will. Weil ich Norwegen kennen lernen möchte. Und das geht mit Hurtigruten nun mal am besten. Ich brauche an Bord keine Animation. Keinen Luxus, der mich vom Wesentlichen ablenkt: der spektakulären, aussichtsreichen Route entlang Norwegens Fjordküste. Die Natur und deren Erleben stehen bei dieser Schiffsreise im Mittelpunkt. Dazu braucht es kein Captain’s Dinner. Kein Tamtam, kein Firlefanz.

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Ich muss mich in keine Abendgarderobe zwängen. Ich bin unter Norwegern oder unter gleichgesinnten Gästen aus dem Ausland. Was wir gemeinsam haben? Wir wollen die Ruhe an Bord, die vorbeiziehende Landschaft, die Reise an sich, die Langsamkeit genießen.

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Hurtigruten bedeutet Tradition.

Vor einem Jahr feierte die Reederei ihren 120. Geburtstag. Hurtigruten ist die bekannteste Marke Norwegens. Im In- wie im Ausland. Die Crew besteht zu 90 Prozent aus Norwegern. An Bord überwiegen einheimische Gäste. Auf den 11 Schiffen der Flotte geht es gemütlich und sehr entspannt zu. Wer gelegentlich Abwechslung, Action oder Abenteuer sucht, kann tolle Tagesausflüge zubuchen. So habe ich mir beispielsweise im Sommer ein Fahrt mit einem RIB Boot durch den Trollfjord und auf die Lofoten gegönnt, eine King-Crab-Safari in der Mitternachtssonne, bin im Winter mit dem Hundeschlitten durch die verschneite Landschaft der Finnmark und später sogar nachts auf einem Snowmobil über einen zugefrorenen Fjord gefahren. Ich habe Rentierhalter besucht, Fischern bei der Arbeit zugeschaut und bin nahe am Nordkap auf Schneeschuhen gewandert. Und das Beste gab es kostenlos auf Deck und das gleich zweimal: Ich habe kürzlich zum ersten Mal in meinem Leben Nordlichter gesehen! Im Sommer wiederum konnte ich von der Sonne, die nicht mehr untergeht, nicht genug bekommen und stand oft mitten in der Nacht draußen auf Deck.

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Auch kulinarisch hat Hurtigruten viel zu bieten.

Auch was Kulinarik betrifft, setzt man an Bord auf Tradition und Regionalität. Das heißt, dass man im Restaurant vorwiegend norwegische Köstlichkeiten serviert bekommt und das Land somit auch von seiner Küche, seinen Spezialitäten her besser kennen lernen kann.

Dazu wurde ein Gemeinschaftsprojekt von Hurtigruten, Innovation Norway und der norwegischen Regierungsbehörde Matmerk ins Leben gerufen. Ziel dieser Union ist es, kleine, nachhaltige Nahrungsmittelproduzenten entlang der Küste zu fördern. Unter dem Motto „Norways Coastal Kitchen“ werden Landwirte, Fischer und Gemüsebauern dazu animiert ihre Produkte auf den Hurtigrutenschiffen anzubieten. Da es sich größtenteils um sehr kleine, regional agierende Produzenten handelt, werden diese bezuschusst, um überhaupt im nötigen Umfang liefern zu können. Darüber hinaus konnte Hurtigruten den bekannten norwegischen Fernsehkoch Andreas Viestad, die norwegische Antwort auf Jamie Oliver quasi, für eine neue kulinarische Kooperation gewinnen. Viestad, der bekannte TV Koch und Kulinarik-Kolumnist aus Oslo, berät die Hurtigruten Linie und wird künftig noch enger mit der Reederei bzw. deren Küchenchefs zusammen arbeiten.

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Ein Beispiel gefällig?

Nach dem Aufenthalt in Trondheim beispielsweise genießen die Gäste am Abend zum Dessert ein Sanddorn-Aquavit-Eis, das von der Hofkäserei Gangstad Gårdsysteri in Nord-Trøndelag hergestellt wurde. Am Folgeabend wird zur Vorspeise Käse vom Aaland Hof auf den Lofoten gekostet, zum Nachtisch ein Frischkäse aus ökologischer Landwirtschaft vom Hof Grøndalen mit Beerenkompott gereicht. Auch traditionelle norwegische Gaumenfreuden kommen im Frühlingsmenü nicht zu kurz: Das Restaurant serviert zum Beispiel Kvæfjordkake, eine Kuchen-Spezialität aus Baiser, Vanillecreme und Mandeln, die ihren Ursprung in einem kleinen Café in Harstad auf den Vesterålen hat, oder „Marthe Knipe“, einen Sagopudding mit Rosinen und Mandeln. Den regionalen Charakter des Menüs unterstreichen norwegische Delikatessen wie beispielsweise gepökelte Lammkeule aus Hellesylt, einem Ort in der Nähe des Geirangerfjords, gebackener Eismeersaibling aus dem Sigerfjord bei den Vesterålen mit Gulløye-Kartoffeln aus Tromsø oder Rentierbraten aus der Finnmark.

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Auszug aus den Menükarten von meiner Reise:

    • „Tante Aslaugs“ Schweinenacken
      mit marinierten Pilzen,
      Erbsenbrot und Moltebeersirup

****

    • Gedünsteter Heilbutt mit eingelegten roten Zwiebeln,
      geschmortem Lauch
      und im Ofen gebackenen Kartoffeln

***

    • Schokoladen-Brownies
      mit Vanilleeis

————

    • Blumenkohlsüppchen
      mit knusprigem Schinken
      und norwegischem Landbrot

***

    • Gebackener arktischer Saibling aus dem Sigerfjord
      mit Gemüse, Tomaten
      und Gulløye Kartoffeln

***

  • „Marthas Knipe“
    Klassisches norwegisches Bauerndessert
    mit Blaubeer -Coulis

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Kuriose Fracht an Bord des Expeditionsschiffes MS Fram /Hurtigruten

Edle Fracht hat die MS Fram derzeit geladen: Zwei Fässer 21 und 25 Jahre alten Single Malt Whisky hat das Hurtigruten Expeditionsschiff an Bord genommen, um sie im Rahmen des „MS Fram Whisky Projekts“ für fast ein Jahr vom einen zum anderen Ende der Welt zu schippern – ein Prozess, der der Qualität des feinen Tropfens zugute kommen soll. Nach der Querung des Südpolarkreises in der Antarktis geht es mit Kurs auf Grönland und Spitzbergen zum nördlichen Pendant – Zwischenstopps im Ursprungsland des Whiskys sind dabei fest eingeplant.

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Vier magische Linien der Seefahrt kreuzen die zwei 150 Liter-Fässer gefüllt mit feinem Single Highland Malt Scotch Whisky während ihrer Seereise auf MS Fram zwischen dem 80. nördlichen und 68. südlichem Breitengrad: Den nördlichen und südlichen Polarkreis, den Nullmeridian sowie den Äquator. Im vergangenen Herbst wurden die zwei Fässer aus amerikanischer Eiche mit 21 und 25 Jahre altem Scotch an Bord des Hurtigruten Expeditionsschiffes genommen, um fest verankert auf Deck 9 die weite Reise vom einen zum anderen polaren Extrem der Erde anzutreten. Ein Prozess, der den noblen schottischen Tropfen noch weiter veredeln soll: „Wir hoffen, dass die ständigen und rollenden Wellenbewegungen, Temperaturschwankungen und Seeluft die gute Qualität unseres Single Malt weiter steigern und positiv beeinflussen“, erklärt Fram-Kapitän Arild Hårvik, „Dies ist das erste Mal, dass so ein Projekt realisiert wird, deshalb haben wir zum Vergleich vor Reiseantritt je eine Probeflasche abgefüllt, um die Veränderung von Farbe, Stärke und Geschmack vor und nach der Seereise überprüfen zu können.“

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Nach gut zehn Monaten an Bord von MS Fram wird der mehr als 126.000 Kilometer weit gereiste Whisky abgefüllt, mit maximal 200 Flaschen pro Fass in limitierter Auflage. Die Abfüllung erfolgt in Fassstärke, das heißt der Whisky wird nach der Reifung im Fass nicht mit Wasser verdünnt, sondern kommt unverändert und direkt aus dem Fass in die Flasche – ein weiteres Qualitätsmerkmal. Als „MS Fram Expedition Whisky“ erhält der Single Malt sein eigenes und einzigartiges Label.

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Information Hurtigruten Deutschland

Vor 120 Jahren wurde die traditionelle Postschifflinie Hurtigruten vom Kapitän und Kaufmann Richard With gegründet. Das erste Dampfschiff, die DS Vesteraalen, nahm am 2. Juli 1893 von Trondheim aus Kurs auf Hammerfest.

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Heute fahren die 11 kombinierten Fracht-, Post- und Passagierschiffe die 2.465 Kilometer lange Küstenlinie Norwegens zwischen Bergen und Kirkenes in sechseinhalb Tagen ab. Wer den Rundtrip bucht (Bergen-Kirkenes-Bergen) passiert in 13 Tagen 34 Häfen und während der Sommermonate zusätzlich den Trollfjord und den Geirangerfjord. Die Hurtigruten-Strecke ist heute neben ihrer eigentlichen Funktion als Transportmittel eine international bekannte Touristenattraktion und die bekannteste Marke Norwegens.

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Zur Flotte der Hurtigruten gehört auch das Expeditionsschiff MS Fram.

Weltweit arbeiten 1.300 Menschen für die Reederei Hurtigruten ASA.
Im Jahr 2011 nutzten 404.000 Passagiere Hurtigrutenschiffe als Transportmittel. Täglich startet ein Schiff in Bergen nordwärts und eines ab Kirkenes südwärts. Daher kann man als Passagier auch Teilstücke buchen oder seine Reise jederzeit unterbrechen, um sie später wieder auf einem anderen Schiff der Flotte fortzusetzen.
Zum 120-jährigen Bestehen der Hurtigruten-Linie fanden am 2. Juli 2013 große Feierlichkeiten in Trondheim statt.

Mehr Infos gibt’s hier.
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Grönland: Eiskalte Geschichten aus dem Norden Europas | Le Gourmand – Das Genießer-Magazin 2. Dezember 2014 - 17:33

[…] und steht halbnackt im Eiswasser. Für Le Gourmand – Das Geniesser-Magazin war sie bereits in Norwegen. Sie war im Bett von Marc Girardelli. Sie liebt das kalte Nordlicht. Von der Journalistin zur […]

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